Digitale Unterstützung im Ernteprozess
Der Umsatz eines Betriebes oder die Versorgung mit Futter ergibt sich schlussendlich vom Ertrag des Feldes. Die nachfolgend aufgeführten Informationen sollen helfen sich ein Bild über die verschiedenen Einsatzgebiete von Erntehelfern zu verschaffen.
Dokumentation
Erträge sollten nach der Ernte dokumentiert werden. Anstatt per Hand aufzuschreiben, geht es heute digital und einfach vom Handy aus. Das hat folgende Vorteile:
- Ertragsmenge sind nachvollziehbar dokumentiert (pro Schlag, weitere Informationen möglich)
- Erträge digital in einem Feldkalender oder Schlagkartei über die Jahre dokumentieren, machen Abweichungen relativ einfach nachvollziehbar
- Zeit sparen beim Eingeben
Entscheidungshilfe
Mit der App SolGrader können Kartoffelknollen fotografisch erfasst und direkt ausgewertet werden. Somit erhält der Anwender bereits auf dem Feld Informationen über wichtige Ertragswerte, die für Produzenten eine wertvolle Entscheidungshilfe darstellen. Eine 2-Meter-Ernteversuchsprobe reicht aus, um den Ertrag einer Parzelle anzuzeigen. Die SolGrader-App zeigt die Grössenverteilung genau an. SolGrader ist eine mobile Anwendung, mit der Sie diese Proben direkt vor Ort mit Ihrem Mobiltelefon und der blauen Matte analysieren können. Diese Daten können in eine Plattform für weitere Analysen und Vergleiche hochgeladen werden.
Satellitenbilder von Erdbeobachtungssatelliten
Einen Beitrag zur Präzisions-Landwirtschaft leisten Drohnen und Satelliten, die aus unterschiedlichen Höhnen über die Felder fliegen. Ihre Kameras erkennen den Grad der Bodenbedeckung oder die Art der Vegetation. Alle paar Tage überfliegen Satelliten die gleiche Stelle. Ihre dabei aufgenommenen Serienbilder verraten, wie sich die Pflanzen auf welchem Feld entwickeln. Wer diese Bilder mithilfe „schlauer“ Algorithmen auswertet, kann neuen Nutzen schaffen. Er erkennt Wachstumsrate oder drohenden Krankheitsbefall, den Reihenschluss oder auch den optimalen Erntezeitpunkt. Und das auf wenige Zentimeter genau. Der Mensch allein könnte dies alles nicht leisten.
Beschreibung zu Fernerkundung von Satelliten befindet sich hier.
Beispiel von Diensten durch KWS:
Drohnen erfassen Biomasse
Ausgestattet mit Kamera oder Sensoren kann man über Drohnen die Biomasse in landwirtschaftlich genutztem Grünland schätzen. Forscher der Universität Kassel haben das untersucht und herausgefunden: Im Vergleich zur manuellen Schätzung über die Vegetationshöhe, schätzt eine drohnengestützte Modellierung die Biomasse ebenso gut. Im Versuch lag der Realertrag bei ca. 12 t/ha. Die Drohne schätzte den Jahresertrag nur 11% höher dagegen die manuelle Höhenmessung etwa 20% höher.
Zweimal muss die Drohne die Fläche überfliegen, um den Ertrag zu schätzen: einmal ohne Vegetation und dann kurz vor jeder Ernte. Die Fotos der Digitalkamera rechnet ein Computer um. Die Differenz ergibt die Biomasse. Das funktioniert auch bei Mischungen, fanden die Forscher heraus. Klee-Gras-Mischungen schätzt die drohnenbasierte Methode noch exakter als Luzerne-basierte Mischungen. Noch kostet es viel Zeit, die Daten zu verrechnen. Künftig kann die drohnenbasierte Methode im Vergleich zur manuellen Höhenmessung allerdings viel Zeit sparen. Mehr Infos zu dieser Fernerkundung finden Sie unter: www.topagrar.com/biomasse2019
Ertragskartierung durch Satellit und Wachstumsmodelle
Das Produkt >>TalkingFields<< unterstützt bei der Bewirtschaftung, Dokumentation und Planung von Anbauflächen. Drei Module: Ertragskarte/TF Ertragsprognose (tatsächliche Erträge), TF Ertragspotenzialkarte (langfristig potentiell mögliche Erträge) und Pflanzenwachstumsmodell ergeben die sogenannten Talking fields. Der Ertrag einer Kulturpflanze ist das Ergebnis der täglichen Biomasseentwicklung über die gesamte Vegetationsperiode. Darum muss zusätzlich zu den Satellitendaten ein Pflanzenwachstumsmodell verwendet werden um Aussagen über den Ertrag eines Bestandes an einem Ort zu treffen. Das Pflanzenwachstumsmodell berücksichtigt dabei den stündlichen Witterungsverlauf sowie weitere Einflussfaktoren wie die topographische Lage, Bodenbedingungen etc. Beispiel: Talkingfields
Eine von verschiedenen Möglichkeiten der Feuchtemessung sind mobile Feuchtigkeitsmessgeräte, welche über das Internet bestellt werden können. Diese sind zuverlässig, sofern sie vorher geeicht werden. Aufgrund der hohen Veränderlichkeit an einem Tag, sollte in kritischen Fällen täglich gemessen werden, um den bestmöglichen Erntezeitpunkt nicht zu verpassen.
Ein innovatives Mobilgerät von der finnischen Firma GrainSense zum Messen der Getreidequalität, liefert innerhalb von 30 Sekunden Informationen über die Inhaltsstoffe. Dazu gehören Protein, Öl und Kohlenhydrate sowie der Feuchtigkeitsgehalt gängiger Getreidearten. Die Ergebnisse werden an eine App gesendet und sind somit jederzeit mobil abrufbar. GrainSense ist das erste erschwingliche und für den Ausseneinsatz konzipierte Messgerät zur Bestimmung der Getreidequalität für Landwirte. (Artikel in top agrar)
Aufwuchshöhenmesser, die sogenannten Herbometer oder auch Rising Plate Meter, haben sich in der Weidewirtschaft bewährt. Die Funktion ist denkbar einfach: Ein Stab steht auf dem Boden und eine verschiebbare Platte liegt auf dem Aufwuchs auf. Die Differenz ist die Aufwuchshöhe.
Aus Irland kommt nun das Rising Plate Meter mit Digitalisierungspotenzial. Per Bluetooth verbindet sich der Aufwuchshöhenmesser Grasshopper mit einer entsprechenden App auf dem Smartphone. Der Nutzer kann nun die Weidefläche einmessen oder diese am PC über die Web-Version einzeichnen. Misst der Landwirt nun auf der Fläche den Aufwuchs, speichert die App den Wert auf einer GPS-Position. Zudem rechnet es den Ertrag als Frischmasse/ha um. Dafür muss man die Fläche repräsentativ, also im Zick-Zack, ablaufen. So lässt sich auch der Ertrag der gesamten Weidefläche analysieren.
Zusammen mit der Anzahl weidender Kühe kann die App einen Weideplan erstellen. So dient der Grasshopper als Managementwerkzeug. Misst man auch noch den Futterrest der Weide (Nach-Weide), berechnet die App den Nettoweideertrag und damit die Wirtschaftlichkeit. Für intensiv geführte, Deutsch-Weidelgras-dominierte Bestände, liefert der Grasshopper bereits zuverlässige Daten. In Schleswig-Holstein läuft derzeit ein Projekt, um die Daten zur Beweidung unter dem dortigen Klima anzupassen. Das Ziel: Per App den Weideertrag messen, nur anhand der Standort- und Witterungsdaten.
Bericht aus Landfreund 07/2019
Link: Grasshopper
Link: Jenquip Platemeters
Link: Pasture Meter
Erntetechnik
Den Spargel in der richtigen Länge korrekt abzuschneiden bedarf einiges an Erfahrung.
Cerescon setzt eine einzigartige patentierte Erfassungsmethode ein, bei der avancierte Näherungssensoren unterirdisch den Spargel erfassen, ohne ihn selbst zu berühren. Durch einen äussert schnell wirkenden Zurückziehmechanismus wird verhindert, dass es zu einem Kontakt mit dem Spargel kommt. Das Ergebnis: Der Spargel bleibt unbeschädigt. Die Koordinaten des Spargels werden im Anschluss an einen Stechroboter weitergeleitet. Ferner ist die Maschine so automatisiert, das sie den Spargel sticht und anschliessend den Damm wieder verschliesst.
Cerescon
Erdbeerpflückgeräte sind noch kaum serienmässig auf dem Markt.
Eine spanische Firma AGROBOT S.L. hat eine erste vollautomatische Erdbeer-Erntemaschine vorgestellt. Es soll damit die Ernte eines ganzen Erdbeerfeldes durch einen einzigen Arbeiter möglich sein. Induktive Sensoren steuern die Roboterarme, robuste Ultraschallsensoren navigieren die Erntemaschine und sorgen für einen sicheren Abstand zwischen Roboterarmen und Boden. Ein Kamerasystem sorgt dafür, dass nur reife Beeren geerntet werden. Der Endeffektor kommt selbst nicht mit den Früchten in Verbindung. Deshalb kann er die Erdbeeren auch nicht beschädigen, er greift die Erdbeeren nur am Stiel, schneidet sie ab und legt sie in eine Kiste. Agrobot
Die belgische Firma Octinion entwickelt ebenfalls eine Pflückroboter. Der automatische Ernteroboter Rubion kann durch das Gewächshaus fahren, reife Erdbeeren auswählen und diese pflücken, ohne sie zu beschädigen. Schliesslich kann er die Erdbeeren in die Endverpackung einsortieren. Die Besonderheit: Er wählt nur dann die Früchte aus, wenn seine Handlung die Erdbeeren nicht quetscht. Er pflückt schadenfrei 70% aller reifen Erdbeeren. Genutzt wird eine 3D-Vision für die Erkennung und Lokalisierung von reifen Erdbeeren. Mit einem patentierten Softtouch-Greifer wird die Frucht ohne Stiel gepflückt. Octinion
Ein weiteres Produkt ist "Dogtooth". Es ist auf die in Grossbritannien verbreiteten Table-Top-Tischsysteme traditioneller britischer Sorten ausgerichtet und auf das Pflücken der Erdbeeren mit Stiel eingestellt. Mittels Computer-Vision werden dabei die reifen Früchte identifiziert. Nach der Ernte sortiert der Roboter autonom die Beeren, um ihre Grösse und Qualität zu bestimmen, und platziert sie direkt in Körbchen. dogtooth
weitere Produkte:
Berry 5 (B5) von Harvestcroo Robotics, USA
Ein kompakter Mähdrescher mit Raupenfahrwerk wurde als Pilotprojekt von dem niederländischen Erntespezialisten HuizingHarvest/Agrobotix entwickelt. Von eFarmer wurde dabei die Anwendung FieldBee eingebracht. Die fahrerlose Maschine wurde bereits in den Niederlanden beim Gerstendrusch eingesetzt.
Die Schneidwerksbreite des kompakten Mähdreschers beträgt 2 m bei einem Gesamtgewicht von rund 3,5 t und einem Korntankfassungsvermögen von 1 m3. Im autonomen Betrieb erreicht der Mähdrescher eine Druschleistung von bis zu 0,6 ha pro Stunde.
Die Wahl sei auf diese kompakte Mähdrescherbauform gefallen, um ein bodenschonendes Druschkonzept umzusetzen, so Agrobotix. Alle Mähdrescherfunktionen liefen komplett autonom und könnten vom Bediener per Smartphone-App überwacht und bei Bedarf gesteuert werden.
Analyse
Die Digitalisierung der Landwirtschaft im Bereich der Erntetechnik und der dazugehörigen Logistik setzt sich aus verschiedenen Elementen zusammen.
Die erste Stufe sind Hochleistungs-Erntemaschinen, die mit einer Sensortechnik ausgestattet sind. Die Mähdrescher verfügen über verschiedene Sensoren und erfassen Ertrag und Kornfeuchte durch Messen der Kornmenge. Verlustsensoren erfassen die Belastung der Trenn- und Reinigungseinrichtungen und zeigen damit Änderungen im Ernteprozess. Überkehrsensoren nehmen die Masse der Überkehr wahr (BÖTTINGER 2008). Bei der Erfassung der Ertragsdaten werden lokale Erträge, die GPS-Daten, Kornfeuchte, Verluste, Drehzahl sowie Datum und Uhrzeit aufgezeichnet und gespeichert. Diese Daten können nach der Ernte mittels USB-Stick oder online vom Ertragsmonitor auf dem Mähdrescher auf einen PC übertragen werden (NOACK 2007 S.15). Daraus können anschliessend Ertragskarten erstellt werden.
NIR ist die Abkürzung für Nahinfrarot. Die NahInfraRotSpektroskopie (NIRS) ist eine physikalische Methode zur Bestimmung (meist) organischer Molekülverbindungen. Die NIR-Spektroskopie arbeitet mit Licht zwischen ca. 800 und 2.500 Nanometern Wellenlänge. Für das menschliche Auge ist dieses Licht nicht sichtbar, sondern kann nur als Wärmestrahlung gefühlt werden. Vorteile der NIR-Spektroskopie sind die einfache und saubere Handhabung und die schnelle und umfassende Datenlieferung.
Die Grundlage der NIR-Technologie besteht darin, dass Substanzen und somit Moleküle mit Nahinfrarotlicht bestrahlt werden. Ein Teil des Lichtes wird absorbiert, ein anderer Teil reflektiert. Je mehr lichtabsorbierende Moleküle vorhanden sind, desto weniger Licht bleibt zur Reflexion übrig. Eine Messapparatur misst wie viel Licht pro Wellenlänge das Probenmaterial reflektiert. Das Ergebnis ist ein Reflexionsmuster - das sogenannte NIR-Spektrum. Aus den reflektierten Spektren können Informationen über die molekulare Zusammensetzung abgelesen werden. Die Auswertung und Interpretation dieser Spektren erfolgt mit einer Software, die auf mathematische, statistische und chemometrische Methoden zurückgreift.
Überblick landwirtschaftliche Anwendungen mit NIRS-Technologie in der Praxis
- Trockensubstanzbestimmung von Silomais und Grünfutter (Feldhäcksler)
- Inhaltsstoffbestimmung (Stärke, Protein, Rohfaser, u. v. m.) von Silomais und Grünfutter (Futtermischwagen)
- Inhaltsstoffbestimmung und –ableitung von Güllen und Gärrest (TS, NH4-N, P2O5, K2O)
- Erntezeitbestimmung von Silomais
- Analyse nach Inhaltsstoffen für die Fütterung (z. B. in der TMR – total mixed ration)
Vorteil
- Ergebnisse liegen sofort vor (bedarfsgerecht)
- Vielzahl von Inhaltsstoffen für internes Betriebsmanagement ermittelbar
- Geeignet für eine Vielzahl von Medien (flüssig, fest)
- Hoher Probendurchsatz
- Reduzierter Probenahmefehler bei automatischer Messung im Gutstrom
- Vereinfachte Dokumentation (optional)
- Schätzung von Nährstoffveränderungen im (abgesetzten) Güllebehälter (z.B. Dickgülle, natürliche Sedimentation)
Nachteil
- Fachwissen nötig (Plausibilisierung)
- Hohe Ungenauigkeit sobald ausserhalb der Kalibrierung
- Eichzulassung nicht gegeben (Schätzwerte statt Messwerte)
- Hohe Investitionskosten
- Regelmässige herstellerseitige Updates
- Eine bundeseinheitliche, fachliche Anerkennung ist derzeit nicht gegeben