Lenksysteme in der Landwirtschaft
Ab 2003 waren erste automatische Lenksysteme für Traktoren verfügbar. Diese Technologie hat sich ständig weiter entwickelt und stellt heute sicherlich die wichtigste Anwendung von Satellitenortungssystemen in der Landwirtschaft dar.
Die wichtigsten Vorteile eines Lenksystems sind:
- Entlastung des Fahrers
- Steigerung der Arbeitsqualität
- geringere Belastung am Vorgewende
- Arbeit bei schlechten Sichtbedingungen möglich (Dämmerung, Nebel)
- Ausnutzung der vollen Arbeitsbreite
- Steigerung der Maschinenauslastung
- Keine manuelle Markierung von Saatstreifen
- geringerer Einsatz von Hilfsstoffen und Produktionsmittel
- Kombinierte Anwendungen für Datenerfassung, Feldrobotik und Dokumentation
Satellitenbasierte automatische Lenksysteme sollen eine hohe Lenkgenauigkeit einhalten und die Fahrerin oder den Fahrer entlasten. Je nach Ausrüstung greift ein Lenksystem direkt in die Lenkhydraulik des Traktors ein oder Stellmotor am Lenkrad übernimmt die Lenkbewegungen. Ein aktiver Eingriff des Fahrers ist aber jederzeit möglich und beendet sofort die autonome Funktionalität. Im Falle eines vollautomatischen Lenksystems steuert ein Navigationsrechner ein elektro-hydraulisches Ventil und übernimmt die Lenkbewegungen. Hierbei handelt es sich um die kostenintensivste Investition. Häufig werden sogenannte Lenkassistenten als Nachrüstsatz eingesetzt. Dabei übernimmt ein Stellmotor am Lenkrad die Lenkfunktionalität, während sich das Lenkrad stetig mitdreht.
RTK - Korrektursignal erhöht den Nutzen
Damit eine Position exakt bestimmt werden kann, reicht die Verbindung vom Empfänger auf dem Traktor zu den Satelliten alleine nicht aus. Die Satelliten-Signale verzögern sich auf dem Weg zum Traktor. Die höchste absolute und damit wiederholbare Genauigkeit erreichen RTK Korrekturdatensysteme mit 2,5 cm Abweichung von der tatsächlichen Position. RTK-Systeme verwenden für die Korrektur von prognostizierten Laufbahnabweichung, Uhrzeitfehlern sowie Verzögerungen der Signallaufzeit durch die Ionos- und Troposphäre fixe Referenzpunkte, die sich wenige Kilometer (max. 25 km) entfernt vom Traktor befinden. Auf den Referenzpunkten steht ein GNSS-Empfänger, genannt Basisstation. Dessen Korrekturinformationen werden über Mobilfunk an den Traktor übermittelt und ergeben nach einer Verrechnung mit den Positionsdaten des GNSS-Empfängers auf dem Traktordach die korrigierte präzise Position.
Es wird in drei Varianten unterschieden:
- eigene mobile Basisstation wird vor Beginn der Arbeit auf dem Feld aufgestellt - wenig verbreitet, Auf- und Abbau jeweils am Feld, begrenzte Reichweite gut geeignet in Gebieten mit geringer Mobilfunkabdeckung
- Feststation(en) meist als Einzelstationssystem über Server verwaltet oder auch als Netzwerk, häufig durch Landtechnikhändler an hohen Punkten oder Gebäuden aufgestellt - verbreitet je nach Anbieter, bei regionaler Verfügbarkeit sinnvoll
- virtuelles Netzwerksystem - landesweites Netzwerk betrieben von Swiss Topo - verbreitete Anwendung; gute Netzabdeckung
Die meisten Anbieter von RTK-Korrekturdiensten bieten einen schweizweiten Dienst an. Die Signale werden in einem international standardisierten Format (RTCM3 oder CMR+) zur Verfügung gestellt, die von allen namhaften Anbieten verwendet werden können.
Die Verwendung der Korrektursignale wird meist über eine Jahreslizenz die sich zwischen 800,- und 1200,- CHF bewegt. Je nach Anbieter gibt es auch die Möglichkeit 3-monatige Nutzungen zu vereinbaren.
Die folgende Tabelle zeigt die Anbieter von RTK Korrektursignal-Diensten in der Schweiz.
Anbieter | Produkt | Signal | Link |
---|---|---|---|
Robert Aebi Landtechnik | Farmnet | Swiss Topo | farmnet |
Studer Landtechnik | RTK² | eigenes Netz mit 11 Stationen | RTK² |
Bucher Landtechnik | Precision Net | Swiss Topo | Precision Net |
RTK Clue | RTK Clue | eigenes Netz mit 15 Stationen | RTK Clue |
Serco Landtechnik | Serco.Net | eigenes Netz mit 13 Stationen | Serco.Net |
FIELDWORK/ Topcon | TopNET live | eigenes Netz mit 48 Stationen | TopNET |
GVS-Agrar, Agrar-Landtechnik | AgrarNET | eigenes Netz mit 30 Stationen | AgrarNET |
Leica/ Hexagon Geosystems | SmartNet | Swiss Topo | SmartNet |
Informationen der Webseiten abgerufen Juni 2022 |
Überbrückung bei Signalunterbruch
Da es bei der Übertragung der Daten zu Ausfällen kommen kann, müssen die RTK-GPS-Algorithmen in der Lage sein, mit lückenhaften Daten der Referenzstation umgehen zu können
- Verwendung von bekannten Korrekturdaten
- daher ohne Signal nur begrenzte Zeit mit hoher Genauigkeit
- Services z.B. von Trimble: xFill; John Deere: RTK-Extend
Weitere Anwendungen der Spurführung in der Landwirtschaft
Mit satellitenbasierten Lenksystemen können permanente, über die Jahre beibehaltene Fahrgassensysteme in der Praxis umgesetzt werden. Dieses Verfahren wird als Controlled Traffic Farming (CTF) bezeichnet. Gemäss einer Studie der Agroscope verbessern sich durch die Reduktion von Oberbodenverdichtungen die Luft- und Wasserführung im Boden. Die Anbausysteme werden demnach in Trockenzeiten und bei Starkniederschlägen ertragsstabiler. Versuchsergebnisse zeigen, dass an hiesige Rahmenbedingungen angepasste CTF-Systeme auch unter mitteleuropäischen Bedingungen die Effizienz des Bodenschutzes und Pflanzenbaus nachhaltig verbessern können.
Ziel: der Anteil befahrener Fläche möglichst gering halten, um dadurch das Bodenverdichtungsrisiko beim Überfahren auf einen geringen Flächenteil zu beschränken. Der Grossteil der Flächen ist permanent vor befahrungsbedingten Verdichtungen geschützt.
Herausforderungen
Eine der grössten Herausforderungen ist die Abstimmung aller Arbeitsbreiten und Spurweiten aufeinander. Besonders schwierig ist das, wenn man mit Lohnunternehmern oder Maschinengemeinschaften zusammenarbeitet. Und auch wenn alle Reifen, Spuren und Arbeitsbreiten zueinander passen, muss man sich meist am Vorgewende entscheiden, ob man überlappen lässt oder nicht bearbeitet. Innerhalb der Fahrspuren, die nicht bearbeitet werden, können Beikräuter wachsen. Ausserdem kann das permanente Befahren der Spuren zur Rillenbildung führen, was wiederum die Saattiefe verändert.
CTF light
Permanente Fahrspuren zeigen vor allem bei schwereren Maschinen für Ernte und organische Düngung ihre Wirkung. Ein solches «CTF-light», bei dem feste Fahrspuren nur für schwere Fahrzeuge und Maschinen wie Güllefässer genutzt werden, könnte ein sinnvoller erster Schritt für eine CTF-Umsetzung sein. Alle Arbeiten, die unter günstigen Bedingungen mit geringem Verdichtungsrisiko und tiefen Kontaktflächendrücken erfolgen, könnten ohne Befahrungseinschränkungen durchgeführt werden.
CTF-Systeme sind mit den heute zur Verfügung stehenden Standardmaschinen in vielen Bereichen realisierbar. Dauergrünland, Mähdruschfrüchte, Mais und Ackerfutterbau lassen sich relativ einfach mechanisieren. Im Grünland können mit Arbeitsbreiten ab 9 m Spurflächenanteile unter 15 % erreicht werden, auf dem Acker mit 4,5 m von etwa 27 %.
Bei der Saat mit dem Strip Till-Verfahren wird der Boden nur streifenweise bearbeitet. Das bringt Vorteile für die auflaufende Saat, die in Reihe gelegt wird. Es muss aber auch exakt gearbeitet werden. Als Streifensaat handelt es sich im Grunde um einen Kompromiss zwischen Mulchsaat (pflugloses Saatverfahren nach einer Bodenbearbeitung) und Direktsaat (Saat erfolgt ohne jede Bodenbearbeitung nach der Ernte).
Das Verfahren wird vorrangig bei Reihenkulturen wie Mais, Zuckerrüben oder auch bei Raps, eingesetzt, damit ausreichend Abstand zwischen den Reihen ist.
Mittlerweile hat sich bei Strip Till zu Mais das absetzige Verfahren durchgesetzt. Dabei erfolgt das Streifenziehen und Anlegen der Güllebänder auf leichten Böden ca. 3 bis 5 Tage vor der Aussaat. Um die Körner bei der Saat exakt mittig in den Streifen legen zu können, sind GPS-gestützte Lenksysteme nötig, möglichst mit RTK-Korrektursignal.
Wo liegt der Nutzen?
- Infolge der reduzierten Bodenbearbeitungsläufe kann Arbeitszeit und Energie (Diesel) eingespart werden.
- Die Mulchauflage senkt die Gefahr von Wind- und Wassererosion
- Im Boden wird in den unbearbeiteten Bereichen der Wasserhaushalt optimiert
- Sichere und bessere Nährstoffwirkung von Gülle/Gärresten durch die wurzelnahe Platzierung, vor allem bei Zugabe von Nitrifikationshemmern
- höhere Erträge bei stärkerem Wurzelwachstum,
- vollständiger Verzicht auf Mineraldünger möglich,
- besserer (Trink-)Wasserschutz,
- mehr Bodenschutz durch geringeren Humusabbau, mehr Regenwurmaktivität und bessere Tragfähigkeit der Krume für schwere Erntefahrzeuge und