Hexenprozesse sind kein mittelalterliches Phänomen, sondern eines der Frühen Neuzeit. Sowohl katholische als auch protestantische Länder waren davon betroffen. In «erzkatholischen» wie Spanien, dem Kirchenstaat des Papstes oder Portugal waren Hexenprozesse allerdings äusserst selten. Anders in Nordeuropa und besonders in Teilen der konfessionell zerrissenen deutschen Lande – die Eidgenossenschaft eingeschlossen. Der Wahn erreichte sogar Nordamerika. Hexenprozesse waren vorrangig eine Angelegenheit der weltlichen Gerichtsbarkeit. Ihren Höhepunkt hatten sie in der Zeit von 1550 bis 1650.
Im St.Gallischen sticht ein eher später Fall aus dem Jahr 1695 hervor. Er ereignete sich in der Grafschaft Uznach (eidgenössisches Untertanengebiet). Dabei spielte das typische Element der sogenannten «Besagung» eine Rolle. Das heisst, dass eine verdächtige Person eine weitere beschuldigte und so fort. Jahrzehnte zuvor hatte dies im Hochstift Bamberg in kurzer Zeit zu etwa zweihundert Verbrennungen geführt!
In Uznach standen drei Frauen gleichzeitig vor Gericht. Sie wurden teilweise peinlich, das heisst unter der Folter, befragt. Es handelte sich um Katharina Wurm aus dem Goldinger Tal und die beiden Uznacherinnen Katharina Zahner und Ursula Meyer. Geführt wurde der Prozess von einem jüngeren, ambitionierten Herrn, Landvogt Josef Anton Stadler aus Rothenturm, Schwyz. Die Gerichtsakte im Staatsarchiv umfasst drei Schriftstücke: Eine Abschrift von Stadlers Bericht über die Befragung, das Geständnis der Wurm, das ihr sowohl gütlich als auch unter Folter abgepresst wurde, und eine Aufstellung der «Spesen» für Scharfrichter, Geistliche, Boten usw. Im vorliegenden Fall hatte der Dämon gar einen bürgerlichen Namen. Die Damen trieben es nämlich mit einem Teufel namens Silvester oder Baltz. Er forderte von ihnen die Verleugnung Gottes, der Jungfrau Maria und der Heiligen. Die Beschuldigten flogen durch die Lüfte und tanzten auf dem Hexensabbat. Sie feierten zusammen, und das allerheiligste Altarsakrament wurde mit Füssen getreten. Selbstverständlich kam es auch zu Schadenzauber: Die Hexen verursachten Hagel, machten das Vieh krank und lösten sogar Streit unter den Menschen aus.
Eine der Frauen, Ursula Meyer, widerrief indes das ihr abgepresste Geständnis. Sie war sogar unter der Folter nicht mehr dazu zu bringen, es zu wiederholen. Die Akten erzählen von «scherpfister Folter» und «unzahlbarer Ruethenstreichen», als Foltermethoden werden «spanisches fueswasser» und «Malefizbaad» genannt. Trotz ihres Widerrufs wurde Ursula Meyer, wie die beiden anderen Frauen, zum Tod durch Verbrennen verurteilt.
Die grausame Geschichte hatte aber noch eine tragisch-komische Seite. Bei der Hinrichtung sahen Kinder und ein Geistlicher in weiter Ferne Staubwolken. Offenbar waren die bösen Zürcher im Anmarsch! Flugs stürzten sich die Bewohner des Städtchens auf die bereits anwesenden Zürcher Schaulustigen und verprügelten sie. Allerdings hatten nicht feindliche Truppen diese Staubwolken verursacht, sondern – wie sich dann herausstellte – eine Schafherde! Das stolze Zürich verlangte Schadenersatz. Schwyz entschuldigte sich, schob die Schuld aber erst auf die Hexen, die Verwirrung gestiftet hätten. Nach langem Hin und Her wurde schliesslich doch gezahlt. Fast schlimmer mag es Uznach getroffen haben, dass wenig später ein Berner Spottgedicht auftauchte, in welchem die Uznacher mehr oder weniger als Deppen der Eidgenossenschaft verhöhnt wurden.
Den ehrgeizigen Herrn Landvogt erwartete ebenfalls ein böses Ende. Etwa zehn Jahre nach dem von ihm geführten Prozess wurde er aus politischen Gründen enthauptet.
Quelle: Hexenprozess gegen Ursula Meyer, Katharina Zahner und Katharina Wurmin (Signatur: AA 6 A 7-3)
Bildlegende: Der Hexenturm zu Uznach (Signatur: ZMH 78/001)
Und am kommenden Freitag präsentieren wir Ihnen anhand eines Beispiels, wie weltgeschichtliche Ereignisse unmittelbar Auswirkungen auf die städtische und kantonale Geschichte haben können.
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