Am 4. Mai 1920 berichtete das St.Galler Tagblatt unter der regelmässig erscheinenden Rubrik «Städtisches Fundbureau St.Gallen», was in der Zeit vom 25. April bis zum 2. Mai daselbst abgegeben worden war:
«1 Fünffranken-Note, 1 Fünffranken-Note in einem Briefe, 5 Portemonnaies, 1 ledernes Handtäschchen mit einem Geldbetrag, 1 goldener Anhänger mit Photographie, 1 Brosche mit Bernstein, 2 silberne Halsketten mit Anhängern, 1 Krawattennadel, 1 Uhr mit Etui und Anhängekette (gefunden im Schaugentobel), 1 Brieftasche mit diversen Papieren, 1 ledernes Handtäschchen, 1 Kinderhandtäschchen, 1 Ridikül, 2 grosse Bücher (Ueber Land und Meer), 1 Zipfelmütze, 1 Mädchenmütze, 1 Paket mit Etamin, 1 Gürtel, ein Marktkorb, 2 Taschenmesser, 1 Gummireif, 1 Peitsche, 1 Gummiball, 1 Drahtauslöser für Photoapparat, 1 Zughalsband mit Zeichen 533/1920, 1 Motorrad-Kontr.[oll]-Nr. 1015 e Kt. Bern, 3 Zündkerzen für Automotoren, 1 Maurerkelle, 1 langer Lederriemen, 2 Ringe mit 2 bezw. 3 Schlüsseln, diverse einzelne Schlüssel.
In den Tramwagen liegen geblieben: 3 Schirme, 1 Schirmüberzug, 1 Handschuh, 1 Kamm mit Etui, 1 Zigarrenmundstück, 1 Buch (gez. J. Zäch, Schlierholz).»
Neben den klassischen Fundgegenständen (Schlüssel, Portemonnaie usw.) ist das Eine oder Andere heute erklärungsbedürftig:
- Fünffranken-Note: Die am 3. August 1914 (!) eingeführte 5-Franken-Note war dafür bestimmt, die silberne 5-Franken-Münze (Fünfliber) zu ersetzen, die im Kriegsfall oder während einer schweren Krise gehortet und somit weitgehend dem Zahlungsverkehr entzogen wurde. Die Note war bis 1980 im Umlauf und behielt ihren Wert bis zum Jahr 2000.
- Uhr mit Anhängekette: Erst nach 1930 wurden von den Schweizer Herstellern mehr Armbanduhren als Taschenuhren verkauft.
- Ridikül: beutelartige Damenhandtasche, Handgelenksbeutel.
- Etamin: «das, Steifgaze, meist aus starken, dünnen, glänzenden, unverrückbar auseinander liegenden Fäden gebildetes, als Futter u. als Stramin beim Sticken verwendetes Baumwollgewebe» (gemäss Herders Konversations-Lexikon von 1904).
- Tramwagen: Die Strassenbahn war in der Stadt St.Gallen 1897 eingeführt worden und wird noch bis 1957 weiterfahren.
- Zughalsband mit Zeichen 533/1920: Hundehalsband mit Hundemarke. Das zugehörige Frauchen oder Herrchen hatte offenkundig die Hundesteuer für 1920 brav bezahlt. Ob sich hinter der Nummer 533 aber ein Puddel oder ein Rottweiler, eine Bella oder ein Waldi verbarg, wird vermutlich für immer im Dunkeln der Vergangenheit bleiben.
Und am kommenden Mittwoch erfahren Sie, warum ein Hexenprozess 1695 in einer Staubwolke geendet hat.
Noch offene Fragen?
Öffnungszeiten
Lesesaal: Dienstag bis Freitag 8.15-12.00 Uhr, 14.00 -17.15 Uhr
Telefon: Montag bis Freitag 08.15-12.00 Uhr, 14.00-17.15 Uhr
Damit wir uns optimal auf Ihr Anliegen vorbereiten können, bitten wir um eine Voranmeldung.