Bevor eine Beschaffung erfolgreich durchgeführt werden kann, sind gewisse Grundabklärungen nötig. Diese Vorarbeiten begünstigen einen problemlosen Ablauf des Beschaffungsprozesses.
Ausschreibung vorbereiten
Die Vorbereitung teilt sich in drei Prozessschritte auf. Auf diesen basieren sowohl der Entscheid betreffend die Vergabeart wie auch der Erfolg der Ausschreibung.
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Was? | Was wird benötigt, um den Bedarf zu stillen? |
Wer? | Wer hat den Bedarf? Wer hat im Beschaffungsvorhaben welche Kompetenzen (Projektorganisation)? Fachwissen seitens Vergabestelle vorhanden? |
Wann? | Bis wann muss der Bedarf gedeckt sein? Hier sollte bereits ein grober Terminplan erstellt werden, der auch ein allfälliges Beschwerdeverfahren berücksichtigt. |
Von grösserem Volumen profitieren? | Existieren noch weitere Bedarfsstellen (andere Ämter oder Gemeinden)? Sind Kooperationen möglich, um von grösserem Volumen profitieren zu können? |
Finanzierung | Ist die Finanzierung gesichert? |
Berechnung des Auftragswertes
Für die Berechnung des Auftragswertes sind mehrere Punkte zu beachten.
- Keine Stückelung des Auftrags: was zusammen gehört ist zusammen zu vergeben (stellen Sie sich die Frage, ob Sie auf einzelne Teile verzichten könnten), auch bei Vergabe in Losen sind diese zusammenzuzählen;
- Absehbare Folgeaufträge und Optionen sind mit in das Vergabevolumen einzurechnen;
- Bei mehreren gleichartigen Lieferungen/Dienstleistungen ohne vertragliche Verpflichtung ist das Gesamtvolumen für zwölf Monate massgebend;
- Bei befristeten Verträgen ist der Wert für die gesamte vereinbarte Laufzeit zu berücksichtigen, bei unbefristeter Laufzeit die Kosten über vier Jahre (monatliche Kosten multipliziert mit 48);
- Die Mehrwertsteuer wird in dieser Phase noch nicht berücksichtigt;
- Wo die Kosten nicht bekannt sind, sind diese nach bestem Wissen und Gewissen sorgfältig zu ermitteln oder abzuschätzen und bei Unsicherheit an der oberen Bandbreite zu orientieren. Wenn eine Richtofferte z.B. eine Unsicherheitsspanne von +/- 10% nennt, ist von 110% auszugehen.
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Öffentliches Beschaffungswesen | Unterstehen die Auftraggeberin oder der Auftraggeber (Art. 8 IVöB) und der konkrete Auftrag (Art. 10 IVöB) den Bestimmungen über das öffentliche Beschaffungswesen? |
Beschaffungsstrategie | Besteht in der Organisation eine übergeordnete Beschaffungsstrategie, welche mit in die Abklärungen einbezogen werden muss? |
Nachhaltigkeit | Besteht in der Organisation eine übergeordnete Nachhaltigkeitsstrategie? Ab 2023 besteht die Pflicht, bei öffentlichen Beschaffungen die Nachhaltig anhand von Kriterien zu berücksichtigen und zu werten, welche Eignungs und Zuschlagskriterien können in der geplanten Beschaffung Anwendung finden? |
Auftragsart | Die Auftragsart wird zwischen den vier möglichen Auftragsarten unterteilt. Bei gemischten Aufträgen (Lieferung/DIenstleisung) richtet sich die Auftragsart nach dem anteilmässig grösseren Wert des Auftrags.
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Vertrag | Beginnen Sie mit dem Vertrag. Durch die Erstellung des Vertrags muss sich die Vergabestelle mit den zwingenden Eckpunkten auseinandersetzen. Der Vertrag wird den Ausschreibungsunterlagen beigelegt und dessen Akzept als Teilnahmebedingung definiert. Spätere grundsätzliche Vertragsdiskussionen können so verhindert werden. Zudem muss nicht erneut im Pflichtenheft oder den übrigen Ausschreibungsunterlagen erwähnt werden, was bereits im Vertrag festgehalten wird. |
Spezifikationen / Pflichtenheft | Die Spezifikationen definieren Gegenstand und Umfang der Beschaffung. Sie sind die Grundlage der Ausschreibung und der Offertstellung des Anbieters. Achtung! Zu detaillierte Spezifikationen schränken den Wettbewerb ein und verteuern eine Beschaffung. Es sollten die Mindestanforderungen und nicht die maximal mögliche Lösung (überspezifiziert) ausgeschrieben werden. |
Eignung der Anbieter | Der Auftraggeber muss im Rahmen der Ausschreibung festlegen, welche Eignungskriterien der Anbieter erfüllen und welche Nachweise er dafür erbringen muss. Es bietet sich an, diese Überlegungen bereits im Vorfeld zu machen, denn auch unnötig strenge Eignungskriterien beschränken den Wettbewerb. |
Vorbefassung | Wenn einzelne Anbieter einen Wissensvorsprung gegenüber Konkurrenten erhalten, verstösst dies gegen das Gleichbehandlungsgebot. Achten Sie bei der Vorbereitung einer Vergabe darauf, dass kein Anbieter vorzeitig Informationen erhält und stellen Sie sich folgende Fragen: Gibt es Anbieter, die als vorbefasst ausgeschlossen werden müssten? Kann eine allfällige Vorbefassung kompensiert werden, indem Vorprojekte und Studien zur Verfügung gestelllt werden und Anbietern mehr Zeit für die Erarbeitung des Angebots eingeräumt wird? |
Bietergemeinschaften / Subunternehmer | Die Teilnahme von Bietergemeinschaften und der Beizug von Subunternehmern darf nur bei Vorliegen sachlicher Gründe verboten werden. Bietergemeinschaften auszuschliessen, Subunternehmer aber zuzulassen, ist problematisch, weil Subunternehmer im Gegensatz zu solidarisch haftenden Mitgliedern einer Bietergemeinschaft nicht direkt in die Pflicht genommen werden können. Gegen die Zulassung von Bietergemeinschaften und Subunternehmen kann im Einzelfall sprechen:
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Zuschlagskriterien | Die Beurteilung der Angebote erfolgt über Zuschlagskriterien. Im Optimalfall werden diese Kriterien bereits bei der Erstellung der Spezifikationen erstellt. Spätestens bei der Ausschreibung müssen die Kriterien mit ihrer Gewichtung und allfälligen Unterkriterien bekannt gegeben werden. Die Preisformel (im Kanton SG nur linear gekürzt zulässig) und die erwartete Preisspanne sind zu definieren und anhand konkreter Szenarien durchzurechnen. |
Mögliche Kriterien | Gemäss Gesetz hat das wirtschaftlich günstigste Angebot den Zuschlag zu erhalten. Kriterien für dessen Ermittlung sind neben dem Preis insbesondere: Qualität, Garantie- und Unterhaltsleistungen, Kundendienst, Betriebskosten, Innovationsgehalt, Ästhetik, Umweltverträglichkeit, Erfahrung, Vereinbarkeit mit technischen Systemen von Bund, anderen Kantonen und Gemeinden, Arbeitssicherheit und nur ausserhalb des Staatsvertragsbereichs Sicherung des Ausbildungsstandes einer Berufsgattung, insbesondere durch Lehrlingsausbildung. |
Marktabklärungen | Eine Beschaffungsstelle sollte den Beschaffungsmarkt und dessen Struktur kennen.
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RFI | Allenfalls muss der Markt mittels eines Request for Information (RFI) sondiert werden. |
Preisblatt | Bei komplexen Projekten / Dienstleistungen kann es Sinn machen, vorab abzuklären, wie die Offerten aufgebaut sein werden und welche Positionen darin enthalten sein müssen. So kann das Preisblatt genau aufgesetzt werden. Dies mit dem Ziel, während der Evaluation Korrekturen vornehmen zu müssen, um die Angebote vergleichen und unrealistisch kalkulierte Angebote erkennen zu können. |
Bereits einmal ausgeschrieben? | Wurde in der Vergangenheit bereits eine ähnliche Ausschreibung durchgeführt? Kann diese als Hilfestellung herangezogen werden? Hier kann Ihr Kompetenzzentrum allenfalls weiterhelfen. |
Alternativen und Innovationen | Existieren alternative Lösungen oder Innovationen am Markt? Es bietet sich an, Varianten zuzulassen, um von Innovationen zu profitieren und diese zu fördern. |
Verfahrensart klären | Aus dem Beschaffungsvolumen und der Auftragsart lässt sich die Verfahrensart klären, Hilfestellung dafür bietet die Tabelle, die unter «Schwellenwerte» aufgeführt ist. |
Befangenheit / Ausstand | Stellen Sie sicher, dass keine Personen am Vergabeverfahren mitwirken, die eine persönliche Nähe oder ein wirtschaftliches Interesse mit potentiellen Anbietern verbindet. Dies betrifft alle Stufen des Verfahrens von Erarbeitung der Unterlagen über Bewertung bis zum formellen Vergabeentscheid. Im Zweifelsfall müssen diese Personen in den Ausstand treten. Empfehlung: Lassen Sie schon zu Beginn des Verfahrens von allen beteiligten Personen der Auftraggeberin und den beigezogenen Hilfspersonen eine Unbefangenheitserklärung unterzeichnen. |
Vorlagen für Spezifikationen
Aufgrund der grossen Vielfalt der zu beschaffenden Güter ist es wenig sinnvoll, Vorlagen zum Download zur Verfügung zu stellen. Vielmehr ergibt es Sinn, aus Erfahrungen zu lernen und andere Beschaffungsstellen (Institute, Gemeinden oder Kantone) konkret anzufragen. Das Kompetenzzentrum Beschaffung des Kantons St.Gallen hilft Ihnen hier auch weiter.
Vertragsvorlagen
Über folgende Links finden Sie unterschiedliche Vertragsvorlagen
- Vertragsvorlagen der Schweizerischen Informatikkonferenz (SIK) neues Fenster
- Vertragsvorlagen des Dienstes für Informatikplanung (DIP) im Intranet neues Fenster
- Musterverträge und Dokumentensammlungen der KBOB neues Fenster
- Verhaltenskodex für Vertragspartner der Staatsverwaltung des Kantons St.Gallen
- Beschaffungsstrategische Ziele der Staatsverwaltung des Kantons St.Gallen
Unbefangenheitserklärung
Ergebnisse
Konnten die oben aufgeführten Punkte geklärt werden, sollten Sie folgende Dokumente zusammentragen können und sind somit bestens für die anstehende Vergabe vorbereitet:
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Spezifikation / Pflichtenheft | Ein Dokument, das die komplette Anforderung an das zu beschaffende Gut vollumfänglich beschreibt. |
Mengengerüst | Zu beschaffende Mengen und Volumina. |
Eignungs- und Zuschlagskriterien | Fest definierte Teilnahmebedingungen und Eignungskriterien, die zwingend einzuhalten sind und Zuschlagskriterien mit deren Gewichtungen (inkl. Preisformel). |
Vertragsentwurf | Definition des rechtlichen Spielraums und der administrativen Abläufe. |
Preisblatt / Offert-Eingabeblatt | Dient der Vergleichbarkeit der Offerten. |
Weiterführende Informationen und Reglemente | Zusätzliche Informationen zu den Spezifikationen und zum Pflichtenheft. |
Der bereits ganz zu Beginn des Projektes erstellte Terminplan ist auf Basis aller Informationen zu finalisieren. Je nach Grösse und Anforderungen an das Projekt kann dieser unterschiedlich detailliert ausfallen. Die zum Download zur Verfügung gestellten Terminpläne sollen gemeinsam mit den abgebildeten Prozessen eine Übersicht über den Ablauf geben und diesen unterstützen.
Je nach Verfahrensart der Ausschreibung müssen zwingend unterschiedliche Fristen eingehalten werden; diese müssen im Terminplan berücksichtigt werden
Zustelladresse
Aufgrund des völkerrechtlichen Prinzips der Souveränität ist ein Staat nicht berechtigt, auf fremdem Staatsgebiet Verfügungen zu erlassen oder Verwaltungsakte zuzustellen. Deshalb vereinfacht es den Prozess, wenn die Beschaffungsstelle als Teilnahmebedingung ein endsprechendes Kriterium mit aufnimmt:
«Beteiligte mit Wohnsitz oder Sitz im Ausland bezeichnen eine Zustelladresse in der Schweiz oder einen Vertreter mit Wohn- oder Geschäftssitz in der Schweiz.»
Wahlweise könnte auch anstelle einer Teilnahmebedingung definiert werden:
«Beteiligte mit Wohnsitz oder Sitz im Ausland bezeichnen eine Zustelladresse in der Schweiz oder einen Vertreter mit Wohn- oder Geschäftssitz in der Schweiz. Kommt ein Beteiligter dieser Pflicht nicht nach, werden Mitteilungen im amtlichen Publikationsorgan eröffnet. »
Noch offene Fragen?
Ruedi Herzig
Beschaffungsrecht
Davidstrasse 35
9001 St.Gallen
Thomas Raymann
Beschaffungsmanagement