Der Grundsatz des fairen Verfahrens verlangt, dass die beschuldigte Person auf jeder Stufe eines Strafverfahrens einen Rechtsbeistand beiziehen kann.
Sie wird zu Beginn der ersten Einvernahme durch die Strafbehörden über dieses Recht informiert. Verfügt die beschuldigte Person nicht über die erforderlichen Mittel, um eine Wahlverteidigung zu bestellen, kann sie eine amtliche Verteidigung beantragen.
Diese wird von der Verfahrensleitung namentlich dann bewilligt, wenn
- es sich nicht um einen Bagatellfall handelt (insbesondere, wenn eine Freiheitsstrafe von mehr als vier Monaten oder eine Geldstrafe von mehr als 120 Tagessätzen zu erwarten ist) und
- der Straffall in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten bietet, denen die beschuldigte Person alleine nicht gewachsen wäre.
Die beschuldigte Person muss überdies von Gesetzes wegen von einem Rechtsbeistand verteidigt werden, wenn
- sie einschliesslich einer vorläufigen Festnahme mehr als zehn Tage in Untersuchungshaft war.
- ihr eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr, eine freiheitsentziehende Massnahme oder eine Landesverweisung droht.
- sie wegen ihres körperlichen oder geistigen Zustandes oder aus anderen Gründen ihre Interessen im Strafverfahren nicht ausreichend wahrnehmen kann und auch die gesetzliche Vertretung dazu nicht in der Lage ist.
- die Staatsanwaltschaft vor Gericht persönlich auftritt.
- ein abgekürztes Verfahren (Art. 358 ff. StPO) durchgeführt wird.
Weigert sich die beschuldigte Person in diesen Fällen, eine Wahlverteidigung zu bestellen, wird ihr von der Verfahrensleitung von Amtes wegen eine amtliche Verteidigung beigeordnet.
Für die Anordnung der amtlichen Verteidigung ist bis zur Einstellung oder Anklageerhebung die Staatsanwaltschaft und nach Anklageerhebung der verfahrensleitende Richter zuständig. Die Wünsche der beschuldigten Person werden nach Möglichkeit berücksichtigt.
Die amtliche Verteidigung wird vom Staat entschädigt. Insofern die beschuldigte Person zu den Verfahrenskosten verurteilt wird, ist sie zur Rückzahlung der Kosten der amtlichen Verteidigung verpflichtet, sobald ihre wirtschaftlichen Verhältnisse dies erlauben. Unter denselben Voraussetzungen hat sie überdies der amtlichen Verteidigung die Differenz zwischen der vom Staat gewährten Entschädigung und dem vollen Honorar zu erstatten.