Fraktionen und Mitglieder des Kantonsrates können sich mit parlamentarischen Vorstössen in den politischen Prozess einbringen. Das Geschäftsreglement des Kantonsrates kennt fünf Arten: das Standesbegehren, die Motion, das Postulat, die Interpellation und die Einfache Anfrage.
Parlamentarische Vorstösse und ihr Weg im Kantonsrat
Das Standesbegehren ist ein Mittel, mit dem der Kantonsrat auf Bundesebene aktiv werden kann. Heisst er das Standesbegehren gut, wird das Präsidium beauftragt, der Bundesversammlung eine entsprechende Standesinitiative einzureichen. Das Verfahren zur Einreichung, Stellungnahme, Eintreten, Beratung und Beschlussfassung richtet sich nach den Bestimmungen über die Motion.
Motion und Postulat sind zwei Möglichkeiten, die sowohl den Ratsmitgliedern wie auch den Kommissionen und den Fraktionen zustehen, um der Regierung verbindliche Aufträge zu erteilen. Mit einer Motion wird die Ausarbeitung einer Verfassungs- oder Gesetzesänderung, eines neuen Gesetzes oder eines Kantonsratsbeschlusses verlangt. Mit einem Postulat wird die Ausarbeitung eines Berichts zu konkreten Sach- oder Rechtsfragen durch die Regierung gefordert.
Das Verfahren bei Motionen und Postulaten ist genau vorgeschrieben. Erst nimmt die Regierung, in bestimmten Fällen auch das Präsidium, in der Regel auf die nächste Session mit einem schriftlichen Antrag Stellung. Dann wird die Motion oder das Postulat im Kantonsrat behandelt, wobei wie bei anderen Geschäften zuerst über Eintreten, danach in der Spezialdiskussion über die inhaltlichen Begehren diskutiert und schliesslich über die Gutheissung – allenfalls mit geändertem Wortlaut – abgestimmt wird.
Nur Motionen und Postulate, welche die Ratsmehrheit gutheisst, führen zu einem Nachfolgegeschäft. Ist dies der Fall, wacht der Kantonsrat darüber, dass seine Aufträge tatsächlich ausgeführt werden. Spätestens drei Jahre nach der Gutheissung durch den Kantonsrat muss die Regierung den Bericht bzw. die Botschaft und den Entwurf vorlegen. Tut sie dies nicht, muss die Regierung die Verzögerung schriftlich begründen und ihr weiteres Vorgehen vom Kantonsrat genehmigen lassen.
Eine besondere Variante ist die Umwandlung einer Motion in ein Postulat. Zuständig dafür ist ebenfalls der Kantonsrat; oft aber stammt der Antrag auf Umwandlung von der Regierung. Sinn macht eine solche Abschwächung etwa dann, wenn die Vorarbeiten für eine Verfassungs- oder Gesetzesänderung oder einen Kantonsratsbeschluss bereits begonnen haben, die Regierung aber noch nicht sagen kann, welche Auswirkungen die in einer Motion enthaltenen Forderungen hätten. Indem er die Motion umwandelt und lediglich als Postulat gutheisst, macht der Kantonsrat deutlich, dass ihm die Anliegen der Motion wichtig sind, dass diese aber auch auf andere Weise berücksichtigt werden könnten.
Weitere Instrumente sind die Interpellation und die Einfache Anfrage. Beide dienen dazu, Auskunft über einzelne Sachfragen oder Vorgänge der Staatstätigkeit zu verlangen. Die Interpellation wird meist von mehreren Ratsmitgliedern mitunterzeichnet und von der Regierung üblicherweise schriftlich beantwortet. Die Interpellantin oder der Interpellant kann eine kurze Stellungnahme von höchstens drei Minuten abgeben und dabei erklären, ob sie oder er mit Antwort zufrieden ist oder nicht. Zudem ist es möglich, mit einem Antrag die Diskussion im Kantonsrat zu verlangen.
Die Einfache Anfrage verlangt von der Regierung schriftlich Auskunft über einen Gegenstand der Staatstätigkeit. Genutzt wird diese Form, wenn die Fragen zwar auch direkt bei der zuständigen Amtsstelle oder beim Departement geklärt werden könnten, der oder die Fragende jedoch überzeugt ist, dass das Thema von öffentlichem Interesse ist. Die Einfache Anfrage wird im Kantonsrat nicht beraten, aber – wie alle Beratungsunterlagen – auch im Internet im Ratsinformationssystem veröffentlicht.