Das Amt für Volksschule stellt zum Thema Beurteilung folgende Inhalte zur Verfügung.
Aktuell gültige Beurteilungsgrundlagen
Folgende Informationen und Rahmenbedingungen sind ab Schuljahr 2021/22 gültig.
Der Bildungsrat hat am 10. Juni 2020 die Handreichung Schullaufbahn erlassen. Mit der Handreichung will der Bildungsrat ein gemeinsames Vorgehen und Verständnis in der Beurteilung sicherzustellen. Sie enthält Informationen zur Schullaufbahn der Schülerinnen und Schüler und zur Handhabung der Beurteilung in der Regelschule und in den Sonderschulen. Die Handreichung eignet sich sowohl als Nachschlagewerk wie auch als Übersicht über die relevanten Abläufe und Rahmenbedingungen bezüglich Schullaufbahn und Beurteilung.
In der Primarschule werden seit Schuljahr 2021/22 anstelle der Semesterzeugnisse Jahreszeugnisse ausgestellt. Hinweise für die Beurteilungspraxis von Schülerinnen und Schülern mit besonderem Bildungsbedarf sind im folgenden Dokument zu finden.
Beurteilen im kompetenzorientierten Unterricht (biku)
Die didaktischen Grundlagen «Beurteilen im kompetenzorientierten Unterricht (biku)» unterstützen die Lehrpersonen und Schulleitungen in fachlichen Fragestellungen, geben Anregung zur Umsetzung der Beurteilungselemente, dienen für Absprachen und bedienen alle Beurteilungsgrundsätze des Bildungsrates. Den Lehrpersonen aller Stufen liegen Text, Raster, Checklisten, Instrumente zur freien Nutzung vor. Abgedeckt werden die relevanten fachlichen und pädagogischen Zugänge zur Beurteilung. In Ergänzung dazu sind die Instrumente/Unterlagen verfügbar, welche die konkrete Beurteilungstätigkeit der Lehrperson unterstützen können.
Die Unterlagen sind als anregende Grundlage zu verstehen und können in den jeweiligen Kontext angepasst werden.
Überfachliche Kompetenzen
Im Auftrag von 15 Deutschschweizer Kantonen (u.a. dem Kanton SG) hat die Pädagogische Hochschule FHNW nachfolgendes Dossier zu den überfachlichen Kompetenzen erarbeitet. Dieses enthält sowohl eine theoretische Basis wie auch vielfältige Anregungen für die Praxis. Neben einem Ideenkatalog und einem Link zu den Podcasts umfasst das Dokument auch Leitfragen zur Planung, Förderung und Einschätzung überfachlicher Kompetenzen sowie Lehrpersonenberichte aus dem Schulalltag.
Zeugnis - Gesamtbeurteilung
- Warum gibt es in der Primarschule ein Jahreszeugnis?
Der Entscheid basiert primär auf folgenden Gründen: Seitens der Lehrpersonen wurde der Wunsch geäussert, die Kadenz der Zeugnisausstellung zu überdenken. Jahreszeugnisse unterstützen den Gedanken der kompetenzorientierten bzw. der lernzielorientierten Beurteilung, die durch den Lehrplan Volksschule verankert wurde. Es bleibt mehr Zeit für die Förderung, wenn die abschliessende Bilanzierung nicht zu oft erfolgt. Zudem kann mit dem Jahreszeugnis der Grundgedanke der Bilanzierung besser verankert: Zeugnisnoten sind keine Geschichtsschreibung, sondern bilden einen Leistungsstand am Ende der Zeugnisperiode ab.
- Wie viele Tests benötigt man in einem Fach um eine aussagekräftige Zeugnisnote setzten zu können?
Es gibt keine Vorgabe. Die Lehrperson muss genügend Informationen gesammelt haben, um die Gesamtbeurteilung (sprich Zeugnisnote) begründen zu können. Ob sie sich bei der Gesamtbeurteilung auf Beobachtungen, Leistungsnachweise und/oder auch Rückmeldungen anderer Lehrpersonen bezieht, ist ihr überlassen.
- Wird in der 2. Klasse die Zeugnisnote aufgrund der Beurteilung beider Semester gesetzt?
Die Zeugnisperiode dauert ein Jahr, auch in der 2. Klasse. Wie stark die unterschiedlichen Leistungsnachweise innerhalb dieser Zeugnisperiode für das Setzen der Zeugnisnote gewichtet werden, liegt im Ermessen der Lehrperson. Die Zeugnisnote basiert auf einer Gesamtbeurteilung und drückt den aktuellen Leistungsstand in einem Fach möglichst aussagekräftig aus.
- Was heisst: Zeugnisnote bildet den «aktuellen Leistungsstand» in einem Fach ab?
Bei aufbauenden Fachinhalten (z.B. Erlernen von mathematischen Grundoperationen) kommen zu Beginn der Beurteilungsperiode anspruchsvolle Lernziele vor, die gegen Ende grundlegende oder gar keine Lernziele mehr sind, da sie zu Fähigkeiten/Fertigkeiten der Lernenden wurden. Deshalb sind die anfangs gemachten Leistungsnachweise am Ende der Beurteilungsperiode kaum mehr relevant.
In sich abgeschlossene Themeninhalte (z.B. Gewässer im Kt. St.Gallen) können für die Zeugnisnote direkt berücksichtigt werden, auch wenn die Bilanzierung schon länger zurückliegt.
- Was ist der Unterschied zwischen der Gesamtbeurteilung und der Gesamteinschätzung?
Eine Gesamtbeurteilung wird für das Setzen einer Zeugnisnote vorgenommen. Grundlage dafür sind die fachlichen Leistungen (Bewertung der Lernzielerreichung) kombiniert mit dem Ermessen der Lehrperson.
Die Gesamteinschätzung steht im Zusammenhang mit einem Schullaufbahnentscheid. Sie beinhaltet vier Elemente: Leistungsstand, Lernsituation, Lernentwicklung und weitere Informationen.
- Welches Zeugnis erhält eine Schülerin / ein Schüler wenn vor Zeugnisausstellung die Klasse / der Typus (Sek – Real) gewechselt wird?
Entscheidend ist, zu welcher Stammklasse eine Schülerin ein Schüler bei der Zeugnisausstellung gehört.
Leistungsnachweise
- Müssen Nachprüfungen durchgeführt werden?
Es gibt keine kantonalen Vorgaben zur Handhabung von Nachprüfungen. Dies liegt in der Kompetenz der Lehrperson. Es empfiehlt sich, die Handhabung zu Nachprüfungen schulintern abzusprechen bzw. abzugleichen.
- Wurden die Noten unter Jahr nun abgeschafft?
Nein, die Beurteilung von Prüfungen oder andern Leistungsnachweisen (Präsentationen, mündliche Prüfungen etc.) unter Jahr müssen nicht zwingend mit einer Note beurteilt werden, der Kanton macht dazu keine Vorschriften. Die Rückmeldung kann auch in Form von Prädikaten, Symbolen, einem Bericht oder mündlich erfolgen. Im Zeugnis muss jedoch verbindlich eine Note gesetzt werden.
Arbeits-, Lern- und Sozialverhalten (ALSV)
- Warum kommt das ALSV-Formular nicht ins Zeugnis?
Das ALSV wird neu förderorientiert und nicht bilanzierend bewertet. In der Konsequenz wird daher auch auf eine Ausweisung im Zeugnis zu verzichten. Das ALSV wird in den förderorientiert ausgerichteten Gefässen (Förderung und Feeback im Unterricht, Beurteilungsgespräch, …) thematisiert. Ein wichtiger Beweggrund für diese Entscheidung ist in der fehlenden Standardisierung der Bewertung des ALSV zu finden - der Einfluss der Meinung der Einzelperson ist zu hoch und somit die Vergleichbarkeit nicht gegeben.
- Darf das ALSV-Formular einer Bewerbung beigelegt werden?
Die Bewertung des Arbeits-, Lern- und Sozialverhalten ist persönlich geprägt und deren Aussagekraft deshalb sehr subjektiv. Es ist dem Schüler, der Schülerin überlassen, ob eine Kopie angefragt und der Bewerbung beigelegt werden soll.
- Müssen für alle Schülerinnen und Schüler einer Klasse dieselben Beobachtungspunkte ausgewählt werden?
Nein, grundsätzlich steht es der Lehrperson frei, ob sie für alle Schülerinnen und Schüler identische oder unterschiedliche Beobachtungspunkte wählt. Die Wahl kann auch klassen- und/oder stufenübergreifend getroffen werden. Absprachen im Team sind sinnvoll.
- Muss das ALSV-Formular auch im Kindergarten verwendet werden?
Das Formular muss auch im Kindergarten für das Beurteilungsgespräch verwendet werden. Unter Schuljahr steht es der Lehrperson frei, auch andere Formulare oder Beobachtungsbogen einzusetzen.
Schullaufbahn
- Gibt es ein offizielles Formular für die Gesamteinschätzung?
Nein, bei einer Gesamteinschätzung muss die Lehrperson Aussagen zu den folgenden vier Bereichen schriftlich festhalten: Leistungsstand, Lernsituation, Lernentwicklung und weitere Informationen.
- Die Promotionssumme 12 wird aufgehoben. Welche rechtlichen Grundlagen haben die Lehrpersonen gegenüber den Eltern?
Es gilt das neue Reglement Beurteilung, Übertritt und Promotion. Ein Schullaufbahnentscheid erfolgt aufgrund einer Gesamteinschätzung (Leistungsstand, Lernsituation, Lernentwicklung, weitere Informationen).
- Können Schullaufbahnentscheide auch gegen den Willen der Erziehungsberechtigen verfügt werden?
Ja, das ist möglich. Die Entscheidung liegt beim Schulträger.
- Müssen alle Gesamteinschätzungen schriftlich festgehalten werden?
Nein. Schriftlich festgehalten werden müssen sogenannte belastende Gesamteinschätzungen. Diese werden Diese begründen Schullaufbahnentscheidungen, die einen Eingriff in die reguläre Schullaufbahn vornehmen oder nicht dem Wunsch der Erziehungsberechtigen entsprechen. Konkret sind dies z.B. die Repetition, das Überspringen eines Schuljahres, der Typenwechsel auf der Oberstufe oder das Verfügen eine Promotion entgegen ohne dem Einverständnis der Erziehungsberechtigen.
- Braucht es weiterhin einen Gefährdungsbrief?
Nein, die Gefährdungsmeldung findet über das Beurteilungsgespräch statt, es braucht keine Gefährdungsbriefe mehr.
- Warum ist auf dem Übertrittsformular nebst der Sekundarschule und der Realschule nicht auch die Kleinklasse aufgeführt?
Die Zuweisung zu einer Kleinklasse regelt das Sonderpädagogik-Konzept, nicht das Beurteilungsreglement. Deshalb wurde die Kleinklasse nicht aufgenommen.
- Muss bei einem Übertritt von der 6. Klasse in die Kleinklasse ein Übertrittsformular ausgefüllt werden?
Nein, hier gilt das Verfahren gemäss Sonderpädagogik-Konzept. Auf die Ausstellung des Übertrittsformulars wird verzichtet.
- Muss bei einem Übertritt von der 1. Real- in die 1. Sekundarschule ein Übertrittsformular ausgefüllt werden?
Nein, das kantonale Übertrittsformular wird ausschliesslich für den Übertritt von der Primarschule in die Oberstufe eingesetzt. Der Typenwechsel nach der 1. Realklasse ist ein Schullaufbahnentscheid basierend auf einer Gesamteinschätzung. Nebst den vier Bereichen Leistungsstand, Lernsituation, Lernentwicklung und weitere Angaben sind dabei die beiden Fachbereiche Deutsch und Mathematik besonders zu berücksichtigen.
Beurteilungsgespräch
- Ist es möglich, das Beurteilungsgespräch (z.B. 1. Kindergarten) auch erst im letzten Quartal durchzuführen?
Nein, gemäss Reglement muss das Beurteilungsgespräch bis Ende März stattgefunden haben.
- Darf das Formular «Bestätigung Beurteilungsgespräch» individuell angepasst werden?
Nein. Für die weiteren Unterlagen (z.B. Übersicht über besprochene Inhalte, Zielvereinbarungen) gestalten die Schulen ihre eigenen Dokumente.
- Darf das Formular Beurteilungsgespräch gleichzeitig mit dem Zeugnis unterzeichnet werden? (Situation Kindergarten, 1. Klasse)
Nein, gemäss Reglement ist die Bestätigung am Beurteilungsgespräch und das Zeugnisformular am Ende des Schuljahres zu unterzeichnen.
Beiblatt Zeugnis
- Darf der Unterricht in einer privaten Musikschule ebenfalls im Beiblatt Zeugnis aufgeführt werden?
Ja, das ist möglich.
- Freiwilliger Musikunterricht auf dem Beiblatt: Wie wird bei einem Instrumentenwechsel unter Jahr umgegangen? Oder falls das Instrument nur ein Semester lang besucht wird?
Der Besuch des freiwilligen Musikunterrichts wird unabhängig davon, wie lange das Angebot genutzt wurde, auf dem Beiblatt aufgeführt. Wird das Instrument unter Schuljahr gewechselt, werden beide Instrumente/Angebote aufgeführt.
Elternflyer
- Der Elternflyer «Beurteilung ist mehr als das Zeugnis» steht als Download digital und in verschiedenen Sprachen zur Verfügung.
- Schulen können bei Bedarf gedruckte Exemplare des Elternflyers (nur auf Deutsch) beim Amt für Volksschule beziehen (solange Vorrat). Anfragen nimmt das Sekretariat per Email entgegen.
Kurzfilme zur Beurteilung
- Zu den Themen «Beurteilungsgespräch» und «Zeugnis» wurden animierte Kurzfilme erstellt.
- In den Kurzfilmen werden die kantonalen Rahmenbedingungen zum jeweiligen Thema kurz und prägnant dargestellt. Sie können z.B. an einem Elternabend oder an Informationsveranstaltungen zur Beurteilung eingesetzt werden.
- Die Schulen haben die Möglichkeit, beim Amt für Volksschule Informationsveranstaltungen abzurufen. An diesen werden gewünschte zentralen Aspekte der Beurteilung thematisiert und eine mögliche Umsetzung besprochen. Anfragen nimmt Simon Appenzeller per Mail oder unter 058 229 32 00 entgegen.
- Als Schwerpunktthemen stehen «Schullaufbahnentscheide und Gesamteinschätzung», «Gesamtbeurteilung/Zeugnis», «Umsetzung ALSV» und «Grundsätze zur Beurteilung» zur Verfügung.
- Weitere Themen können in Absprache mit den Schulleitungen festgelegt werden.
Informationsunterlagen für Schulen
- Das Amt für Volksschule stellt den Schulen Informationsmaterialien zur Verfügung, die für die interne und externe Kommunikation genutzt werden können (Grundlagenpräsentation). Diese können nach Bedarf lokal angepasst werden.
- Die Grundlagenpräsentation kann beim Amt für Volksschule angefordert werden.
Weiterbildung: Vertiefungsangebot 2020-2024
Das Amt für Volksschule und die Pädagogische Hochschule St.Gallen haben ein «Vertiefungsangebot Beurteilung 2020-2024» zusammengestellt. Es bietet Lehrpersonen, Teams und deren Schulleitungen vielfältige Möglichkeiten, die Beurteilungspraxis zu reflektieren, weiterzuentwickeln oder auf den Boden einer gemeinsamen Entwicklung zu stellen. Die Schwerpunkte in der Umsetzung Beurteilung 2020 legt jede Schulleitung mit ihrem Team fest. Die im Vertiefungsangebot ausgeschriebenen Angebote sind durch das Amt für Volksschule zur Hälfte mitfinanziert. Das Weiterbildungsangebot bleibt während des Zeitraums 2020 bis 2024 bestehen
Individualkurse: Die Individualkurse richten sich an einzelne Lehrpersonen mit (fach-)spezifischem Interesse. Diese werden im Weiterbildungsprogramm 2024 ausgewiesen. Sie finden darin Kurse zur Beurteilung in den Fachbereichen Pädagogik, Sprachen, Mathematik, NMG, WAH, Gestalten und Musik. Sie sind mit einem B gekennzeichnet.
Schulinterne Weiterbildung: Im Vertiefungsangebot Beurteilung der PHSG werden insbesondere schulinterne Weiterbildungen angeboten. Sie ermöglichen eine gemeinsame Auseinandersetzung im Team. Ergänzend besteht die Möglichkeit für eine fachliche oder prozessorientierte Unterstützung von Schulleitungen und Schulteams.
Noch offene Fragen?
Simon Appenzeller
wissenschaftlicher Mitarbeiter