Die Waldregion 1 St. Gallen untersucht im Jahr 2024 in Zusammenarbeit mit den Kantonen Appenzell Ausser- und Innerrhoden sowie Partnern aus Holzindustrie und von Waldeigentümerseite Alternativen zum Schutz von im Wald zwischengelagertem Nutzholz.
Da die Lagerplatzkapazitäten bei den Sägereien begrenzt sind und Holz vorwiegend im Winterhalbjahr anfällt, muss Nutzholz teilweise im Wald gelagert werden. Damit dieses seine Qualität behält, muss es geschützt werden. Die grösste Gefahr für das Holz stellen Käfer dar, die sich in das gefällte Holz bohren und ihre Larven ablegen. Diese wiederum fressen sich im Holz satt und fliegen danach wieder aus. Im Holz zurück bleiben die Bohrlöcher und Larvengänge. Diese werden oft durch Pilze besiedelt, was zu einer Verfärbungdes Holzes führen kann. Diese Verblauungen haben vor allem eine optische Wertmindrung zur Folge und wenig Auswirkung auf die statischen Eigenschaften des Holzes. Dennoch führt ein Befall durch Insekten und Pilze zu einer Qualitätsminderung und damit zu einer markanten Preisreduktion beim Holzverkauf. Bisher werden im Auftrag der Sägewerke oft chemische Pflanzenschutzmittel verwendet. Diese haben nur einen ver-schwindend kleinen Anteil am gesamtschweizerischen Verbrauch dieser Mittel. Und deren Einsatz ist streng reglementiert (vgl. Anwendung von Pflanzenschutzmitteln im Wald | sg.ch).
Dennoch können sie negative ökologische Auswirkungen auf Wald und Gewässer haben. Bisher gibt es keine wirklich funktionierenden Alternativen. Eine mögliche Option könnte die Behandlung des Holzes mit Kalk sein. Dies wurde bereits in den 1980er Jahren erprobt und teilweise angewandt. In den letzten Jahren wurde diese Methode wiederentdeckt und versuchsweise ausprobiert. Bisher gibt es keine wissenschaftlich begleitete Auswertung zur Wirksamkeit des Kalkes. Der Kalk ist ein natürliches Produkt aus Schweizer Herstellung und hat keine bekannten negativen Auswirkungen auf Mensch und Natur. Eine andere Methode kann das Abdecken der Holzpolter mit Netzen sein. Diese stammen aus dem Obstbau und sind dort gegen die Kirschessigfliege im Einsatz. Durch die sehr kleine Maschengrösse werden die holzbrütenden Käfer am Einbohren gehindert. Es ist aber wasser- und luftdurchlässig. Dies ermöglicht die natürliche Trocknung des Holzes. Die Netze werden in Italien gefertigt. Bei sorgfältiger Behandlung können die Netze bis zu fünf Jahre wiederverwendet werden.
Das Pilotprojekt findet in Zusammenarbeit mit den drei Kantonen St.Gallen, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden statt. Für die Projektleitung ist die Waldregion 1 St.Gallen verantwortlich. Das Pilotprojekt wird von der Hochschule für Agrar- Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL, Zollikofen) wissenschaftlich begleitet. Der Versuchsaufbau wird in allen drei beteiligten Kantonen auf sechs Lagerplätzen möglichst vergleichbar umgesetzt. Es werden verschiedene Holzpolter errichtet und diese mit verschiedenen Varianten geschützt. Die Rundholzpolter sind ca. 25 Kubikmeter gross, was einer Lastwagenladung Rundholz entspricht.
Ein Polter wird mit einem Netz vor holzbrütenden Käfern geschützt. Dieses wird über den fertigen Polter gezogen und am Boden befestigt. Dadurch kann es bei Wind nicht verrutschen und bietet den Käfern keine Eintrittspforten. Wo logistisch möglich wurde der Polter vollständig mit dem Netz umhüllt. Dadurch soll auch die Möglichkeit ausgeschlossen werden, dass Käfer, die im Boden überwintert haben, das Holz befallen können.
Ein anderer Holzpolter wird mit Kalk behandelt. Der Einsatz des Kalkes für diesen Pilotversuch wurde durch das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) bewilligt. Diese Polter befinden sich ausserhalb des Waldes und halten einen genügend grossen Gewässerabstand ein. Der Kalk wird mit einer Maschine aufgebracht, die ursprünglich aus dem Tunnelbau stammt. Er wird in der Maschine mit Wasser vermischt, um eine gute Haftung auf dem Holz zu erzielen und das unkontrollierte Verstäuben des Kalkes zu verhindern.
Ein dritter Polter wird nicht speziell behandelt. Dieser dient dazu, die Wirksamkeit unseres Versuches zu evaluieren. In diesem sogenannten «Nullpolter» können sich die holzentwertenden Insekten und Pilze natürlich entwickeln. Bei der Auswertung dienen diese Stämme als Referenz zur Wirksamkeit der alternativen Holzschutzmethoden.
Zusätzlich sind auf einigen Lagerplätzen zusätzliche Polter aufgeschichtet worden. Diese werden mit den handelsüblichen chemischen Mitteln behandelt. Diese dienen als zusätzlicher Vergleichswert der verschiedenen Methoden auf dem gleichen Lagerplatz.
Zur Überwachung der Käfer sind auf jedem Lagerplatz zwei verschiedene Käferfallen aufgestellt. Diese dienen nicht der Bekämpfung der Käfer. Die gefangenen Käfer werden ausgewertet und es wird untersucht, ob der «Buchdrucker» und der «Linierte Nutzholzborkenkäfer», zwei relevante und schadstiftende Käferarten, im Zeitraum des Projektes auf dem Lagerplatz nachgewiesen werden können. Denn nur wenn Käfer vorkommen, kann auch das Holz befallen werden. Positive Ergebnisse ohne die Anwesenheit der Insekten haben keine Aussagekraft. Der Linierte Nutzholzborkenkäfer ist hauptsächlich für die Holzentwertung verantwortlich. Der Buchdrucker ist für die Holzqualität ein untergeordnetes Problem. Er ist ein Rindenbrüter. Wenn die Holzlager jedoch als Brutstätte für den Buchdrucker dienen, können diese sich unkontrolliert vermehren und die umliegenden Waldbestände befallen und so zu einem Waldschutzproblem werden.
Im Sommer 2024 werden die Polter zur Sägerei des Klosters Magdenau geführt. Dort werden sie gemäss den Sortimentsvorgaben der Sägerei eingeschnitten. Im Vorfeld wird pro Polter eine Stichprobe markiert, die anschliessend ausgewertet wird. Dabei werden alle Bretter, die einen Abstand von maximal 10 cm zur Rinde haben, auf Einstiche und Verfärbungen untersucht. Die Einstiche werden gezählt und in der Einheit «Einstiche pro Laufmeter Brett» erfasst. Nachdem alle Polter abgeführt und alle Stichproben erfasst wurden, erfolgt die Auswertung. Dies wird in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Agrar- Forst- und Lebensmittelwissenschaften durchgeführt. Es wird die Wirksamkeit der Alternativen zum ungeschützten Nullpolter ermittelt. Die Resultate werden in einem Bericht zusammengestellt. Sie sollen dazu dienen, den Holzschutz ökologischer zu machen. Neben der Wirksamkeit gilt es auch die Kosten zu beachten. Aber im Grundsatz sind sich alle einig: Holz ist ein wertvoller, natürlicher Rohstoff und dieses Gütesiegel soll es auch behalten!