Waldreservate sind Hotspots der Biodiversität. Im Kanton St.Gallen sollen bis im Jahr 2030 insgesamt 10 Prozent der Waldfläche – rund 6'000 Hektaren Wald – als Waldreservate unter Vertrag stehen.
Waldreservatskonzept und Waldziel
Im Waldreservatskonzept (Kantonsforstamt 2003) wurden rund 9’750 Hektaren Wald als potenzielle Waldreservatsflächen evaluiert. Oft handelt es sich um seltene und nach NHG-geschützte Waldstandorte. Diese potenziellen Flächen werden im Waldentwicklungsplan (WEP) als Vorrangfunktion oder Spezielle Funktion Natur und Landschaft ausgeschieden. Die Waldreservate sind im Geoportal aufgeschaltet und Teil der ökolgischen Infrastruktur.
10 Prozent Waldreservate als St.Galler Waldziel
Bis zum Jahr 2030 sollen 6’000 Hektaren oder rund zehn Prozent der Waldfläche unter Vertrag stehen, je zur Hälfte als Naturwaldreservate und als Sonderwaldreservate. Ende 2022 bestanden 4'279 Hektaren Waldreservate, davon 2'818 ha Sonderwald- und 1'461 ha Naturwaldreservate. Dies entspricht einem Anteil von 7.1 Prozent der St.Galler Waldfläche.
50-jährige Verträge mit Waldeigentümern
Waldreservatsverträge sind freiwillig und werden zwischen den Waldeigentümern und dem Kanton St.Gallen für 50 Jahre abgeschlossen (Vertragsnaturschutz). Bund und Kanton leisten Beiträge an die Lebensraumaufwertung oder gelten den Ertragsausfall ab.
Waldzielart Auerhuhn
Der Kanton St.Gallen trägt eine besondere Verantwortung für das schweizweit stark bedrohte Auerhuhn. Mit den Waldreservaten «Amden», «Kreisalpen», «Wengital-Regulastein», «Moosbühel», «Pardiel», «Tamons» und anderen Projektgebieten wurden erste grosse Meilensteine zum Schutz dieser Waldhuhnart gesetzt. Das Auerhuhn gilt als typische Indikatorenart. Man geht davon aus, dass in Wäldern mit ständigem Auerhuhnvorkommen die Lebensraumqualität auch für viele andere Arten hoch ist.
Stabiler Bestand im Kanton St.Gallen
Der Bestand des stark gefährdeten Auerhuhns ist im Kanton St.Gallen stabil. Dies ergab eine Bestandesaufnahme der Schweizerischen Vogelwarte mit modernster Methode in den Jahren 2015 bis 2017. Dies ist ein klarer Hinweis darauf, dass Massnahmen zur Bestandesförderung, wie forstliche Lebensraumaufwertungen und Wildruhezonen (Lebensraumberuhigung) der politischen Gemeinden Wirkung zeigten.
Naturwaldreservate
In Naturwaldreservaten wird auf die Holzernte und die waldbauliche Pflege verzichtet. Damit wird die natürliche Entwicklung zugelassen (Prozessschutz). Oft sind Naturwaldreservatsflächen mit Sonderwaldreservaten kombiniert (Komplexreservate).
Natürliche Entwicklung mit viel Alt- und Totzolz
Der Schweizer Wald wurde seit Jahrhunderten vom Menschen gestaltet und der nachwachsende Rohstoff Schweizer Holz genutzt. Die Bäume werden in der Optimalphase genutzt, so dass sie bei der Ernte mit 80-150 Jahren maximal die Hälfte ihres biologisch möglichen Alters erreichen. Der Wald kann deshalb nicht seinen ganzen Entwicklungszyklus durchlaufen – es fehlen sowohl die lichten Pionier-, als auch die totholzreichen Alters- und Zerfallsphasen.
Totholzarten sind gefährdet
Von den etwa 6'000 totholzabhängigen (xylobionten) Arten im Schweizer Wald stehen deshalb hunderte auf der Roten Liste, vor allem holzabbauende Pilze, Flechten, Totholzkäfer, Schwebfliegen und Wespen, wie auch diverse Vögel, Amphibien, Fledermäuse und Schnecken.
Naturwaldreservate im Kanton St.Gallen:
- WRG 1: WR Thurauen*
- WRG 2: WR Schwammtobel*
- WRG 2: WR Gufere
- WRG 3: WR Murgtal
- WRG 3: WR Josenwald
- WRG 3: WR Badtobel
- WRG 3: WR Casalta
- WRG 3: WR Plattenschleipf
- WRG 4: WR Weid
- WRG 5: WR Gulmen*
- WRG 5: WR Neckerwald
(WRG = Waldregion; WR = Waldreservat; *Komplexreservat)
Sonderwaldreservate
In Sonderwaldreservaten werden die Lebensräume von seltenen und bedrohten Arten gezielt aufgewertet. Meistens werden dabei dunkle Wälder aufgelichtet. Lichte Wälder sind als Lebensraum für licht- und wärmeliebende Tiere und Pflanzen von grosser Bedeutung, vor allem für viele Tagfalter, Vögel, Käfer, Reptilien und Blütenpflanzen (z.B. Feuerlilie oder Frauenschuh).
Waldbauliche Massnahmen wichtig
Um lichte Waldstrukturen zu erhalten, sind gezielte Massnahmen unverzichtbar: Holzerne, Entbuschen, Mähen, selten auch Beweiden (z.B. Föhren-Waldweiden).
Untersuchungen der Vogelwarte Sempach im Waldreservat Amden zeigen, dass die forstlichen Massnahmen zugunsten des Auerhuhns dafür sorgen, dass die Lebensraum-Qualität der Wälder auch für die Waldschnepfe erhalten bleibt. Auch sie ist eine national prioritäre Waldzielart.
Sonderwaldreservate im Kanton St.Gallen:
- WRG 1: WR Goldachtobel*
- WRG 1: WR Wattbach*
- WRG 2: WR Moosbühel*
- WRG 2: WR Guferen*
- WRG 2: WR Ceres
- WRG 3: WR Pardiel
- WRG 3: WR Chapfensee*
- WRG 3: WR Tamons
- WRG 4: WR Amden*
- WRG 4: WR Wengital-Regulastein*
- WRG 4: WR Seerenwald*
- WRG 5: WR Kreisalpen*
- WRG 5: WR Ergeten*
- Waldreservat im Geoportal
(WRG = Waldregion; WR = Waldreservat; *Komplexreservat)
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Pascal Gmür
Forstingenieur
Davidstrasse 35
9001 St.Gallen