Freiheitsstrafen sind mit dem Entzug oder der Beschränkung der selbstbestimmten Bewegungsfreiheit verbunden.
Freiheitsstrafen können (zum Teil) bedingt oder teilbedingt verhängt werden, d.h., das Gericht kann den Freiheitsentzug zunächst ganz oder teilweise für eine Probezeit aufschieben, allenfalls verbunden mit bestimmten Weisungen, wie sich die verurteilte Person zu verhalten hat, und mit einer Bewährungshilfe. Bewährt sich die verurteilte Person während dieser Phase, wird auf die Vollstreckung der aufgeschobenen Strafe verzichtet, andernfalls wird die Strafe vollzogen.
Ist die vom Gericht ausgefällte Strafe unbedingt verhängt worden, muss sie von der verurteilten Person verbüsst werden. Bei Freiheitsstrafen bis zu einer bestimmten Dauer besteht die Möglichkeit der Verbüssung in Form der gemeinnützigen Arbeit, der Elektronischen Überwachung oder der Halbgefangenschaft. Verzichtet die verurteilte Person auf diese Vollzugsform oder sind die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt, ist die Strafe im Normalvollzug in einem Gefängnis oder einer Strafanstalt zu verbüssen. Dabei werden im Rahmen des Resozialisierungsziels und einer progressiven Vollzugsplanung schrittweise Lockerungen geprüft.
Normalvollzug
Die verurteilte Person wird von der Vollzugsbehörde in eine offen oder in eine geschlossen geführte Vollzugseinrichtung eingewiesen. Massgebend für den Einweisungsentscheid sind persönliche Merkmale der verurteilten Person wie Gefährlichkeit, Fluchtgefahr, Verhalten bei früheren Anstaltsaufenthalten, Alter, Beziehungsnetz, berufliche Fähigkeiten oder die Notwendigkeit besonderer Hilfs- und Behandlungsangebote. Die verurteilte Person verbringt ihre Arbeits-, Ruhe- und Freizeit in der Regel in der Vollzugseinrichtung. Der Strafvollzug soll die verurteilte Person auf den Wiedereintritt in die Freiheit vorbereiten und sie befähigen, straffrei zu leben. Art. 75 Abs. 1 StGB nennt fünf Vollzugsgrundsätze:
- die Förderung des sozialen Verhaltens,
- die Angleichung an die allgemeinen Lebensverhältnisse,
- die Betreuung des Gefangenen,
- die Schadensvermeidung und
- der Schutz der Allgemeinheit, des Vollzugspersonals und der Mitgefangenen.
Diese Grundsätze stehen in einem Spannungsverhältnis zueinander. Die verschiedenen Interessen sind im Einzelfall im individuellen Vollzugsplan, der mit der verurteilten Person zu erarbeiten ist (Art. 75 Abs. 3 StGB), gegeneinander abzuwägen. Der Vollzugsplan soll je nach Aufenthaltsdauer der verurteilten Person und der zu erwartenden Lebensverhältnisse nach der Entlassung die Vollzugsziele und die vorgesehenen Vollzugsschritte im Rahmen der Anstaltsordnung individuell festlegen. Elemente des Vollzugsplans sind die Unterbringung, die notwendige Betreuung und der Therapiebedarf, allenfalls besondere Sicherheitsvorkehrungen, die Arbeit, die schulische und berufliche Aus- und Weiterbildung, die Wiedergutmachung, die Beziehungen zur Aussenwelt sowie die Vorbereitung der Entlassung. Die Einhaltung des Vollzugsplans und die aktive Mitwirkung der verurteilten Person bei der Erreichung der Vollzugsziele sind Voraussetzung für die Bewilligung von Vollzugsöffnungen und Vollzugsstufen.
Die verurteilte Person ist zur Arbeit verpflichtet. Auf ihre Fähigkeiten, ihre Ausbildung und ihre Neigungen wird soweit möglich Rücksicht genommen, soll die verurteilte Person doch in den Stand gesetzt werden, in der Freiheit ihren Unterhalt zu erwerben. Der Alltag in der Vollzugseinrichtung soll zu einem Lernfeld für soziales Verhalten werden und so günstige Voraussetzungen für die Entlassung schaffen. Die verurteilte Person
- wird medizinisch betreut und es werden therapeutische Behandlungen auf Anordnung des Gerichts oder freiwillig durchgeführt;
- wird durch den Sozialdienst bei Problemen im Vollzugsalltag beraten und im Hinblick auf die Entlassung z.B. bei der Stellen- und Wohnungssuche sowie der Regelung der Finanzen und der Schuldentilgung unterstützt;
- kann mit Seelsorgern Gespräche über Lebensfragen, Zukunftsgestaltung oder Schuld, Sühne und Versöhnung führen;
- kann im Rahmen der Vorgaben des Vollzugsplans Kontakt zur Aussenwelt pflegen über den Bezug von Presseerzeugnissen und den Empfang von Radio und Fernsehen sowie durch persönliche Kontakte (Briefe, Telefon, Besuche, Ausgänge und Urlaube).
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René Frei
lic.iur.
Leiter
Amt für Justizvollzug
Straf- und Massnahmenvollzug
Oberer Graben 38
9001 St. Gallen