Von einer Zwangsheirat wird ausgegangen, wenn die Verheiratung gegen den Willen der Ehegatten vollzogen wird. Dabei gibt vielfältige Formen von Zwang auch Nuancen zwischen Fremd- und Selbstbestimmung. Eine Zwangsheirat verletzt die Würde eines Menschen.
Was ist eine Zwangsheirat?
Zwangsheirat bezeichnet eine Eheschliessung, bei der eine oder beide Personen gegen ihren Willen und ohne ihre freie und informierte Zustimmung zur Heirat gezwungen werden. Zwang kann dabei verschiedenartig ausgeübt werden in Formen von physischer Gewalt, physischem Druck, Drohungen oder anderer Zwangsausübung, z.B. soziale Ausgrenzung aus der Familie oder Gemeinschaft.
Diese Praxis verletzt grundlegende Menschenrechte und kann weitreichende negative Folgen für die Betroffenen haben, einschliesslich körperlicher und seelischer Schäden. Zwangsheirat unterscheidet sich von einer arrangierten Ehe, bei der die Beteiligten die endgültige Entscheidung über die Heirat selbst treffen können. In der Praxis ist die Unterscheidung zwischen einer arrangierten Ehe und einer Zwangsehe oft unklar. Lesen Sie mehr über die verschiedenen Formen von Zwangsheirat.
Folgen von Zwangsheirat
Zwangsheirat hat tiefgreifende und oft langanhaltende Auswirkungen auf die Betroffenen.
Erleben von physischer und psychischer Gewalt
Zwangsverheiratete erleben häufig körperliche Misshandlungen und/oder sexuelle Übergriffe. Die erzwungene Ehe kann z.B. zu Depressionen, Angststörungen, Suizidgedanken führen. Eine Flucht kann das Risiko auf Gewalt und Bestrafung der betroffenen Person oder deren Familie erhöhen.
Verlust der Selbstbestimmung
Betroffene können ihre Autonomie und die Fähigkeit verlieren, ihr Leben selbstbestimmt zu gestalten. Sie können wichtige Entscheidungen über Bildung, Beruf, Erziehung und Beziehungen nicht frei treffen.
Einschränkung von Bildung und berufliche Zukunft
Junge Menschen bzw. Minderjährige werden häufig früh aus der Schule genommen, um zu heiraten. Dies kann die beruflichen Chancen erheblich einschränken und zu wirtschaftlicher Abhängigkeit bzw. zu Armut führen.
Soziale Isolation
Zwangsverheirate werden oft von ihrer Familie und einem unterstützenden Umfeld isoliert. Dies geschieht z.B. durch Kontrolle der zwangsvereirateten Person oder durch deren Familie. Dies kann zu Einsamkeit und Hilflosigkeit führen. Bei Beendigung der Ehe durch die betroffene Person kann die Verstossung aus der Familie und/oder dem sozialen Umfeld drohen.
Auswirkungen auf Kinder
Kinder, die aus einer Zwangsehe hervorgehen, wachsen oft in einem Umfeld auf, dass von Konflikten, Gewalt und emotionaler Instabilität geprägt ist.
Ursachen von Zwangsheirat
Die Gründe für Zwangsheiraten sind vielschichtig und tief in verschiedenen Gesellschaften verwurzelt. Eine der Hauptursachen ist die Kontrolle der Sexualität. Eltern versuchen durch Zwangsheiraten sicherzustellen, dass ihre Kinder ein «anständiges» Leben führen und unerwünschte Beziehungen oder sexuelle Orientierungen verhindert werden. Ein weiterer Grund ist die wirtschaftliche Sicherung der Familie. Mitgift oder Braut- bzw. Bräutigampreis sind wichtige finanzielle Aspekte, die durch die Heirat gesichert werden. Zusätzlich nehmen die soziale und kulturelle Tradition, die Normen und die Religion wichtige Rollen ein. Geschriebene oder ungeschriebene «Vorschriften» können Druck auf die Familen ausüben.
Meine Rechte bei Zwangsheirat
Freie Wahl der Partnerin bzw. des Partners und Möglichkeit zur Ablehnung der Ehe.
Recht auf eine Ehe aus freiem Willen
Dieses Recht ist durch das Schweizerische Zivilgesetzbuch (ZGB) geschützt.
Schutz vor Gewalt
Betroffene haben das Recht auf Schutz vor Gewalt. Es gibt gesetzliche Schutzmassnahmen bei Zwangsheirat (z.B. ein Kontaktverbot, Schutzunterkunft) analog der Häuslichen Gewalt. Sie werden durch staatliche und nichtsstaatliche Organisationen unterstützt. Das Schweizer Strafgesetzbuch (StGB) sieht Strafen für Zwangsheirat und Gewalt vor.
Rechtliche Schritte
Betroffene können rechtliche Massnahmen ergreifen, um eine Zwangsheirat zu verhindern oder aufzulösen. Dies umfasst Anträge auf Ehescheidung oder auf Eheschutz (gerichtliche Trennung) oder eine Ungültigkeitserklärung bei Gericht. Es kann zudem eine Anzeige bei der Polizei erstattet werden.
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Koordinationsstelle für Häusliche Gewalt und Menschenhandel
Sicherheits- und Justizdepartement
Oberer Graben 32
9001 St.Gallen