Im Wirtschaftsstrafverfahren rund um die Genossenschaft Bad Rans hat das Kreisgericht St. Gallen die beiden 70 und 77 Jahre alten Hauptbeschuldigten zu Freiheitsstrafen verurteilt. Die Strafverfahren waren im April 2020 auf Anordnung der Anklagekammer des Kantons St. Gallen vom Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland ans Kreisgericht St. Gallen überwiesen worden. Im November 2018 ergangene Urteile des Kreisgerichts Werdenberg-Sarganserland waren zuvor hinfällig geworden, weil einer der beteiligten Richter in den Ausstand versetzt worden war.
Das Kreisgericht St. Gallen verurteilt die insgesamt sieben, zwischen 52 und 77 Jahre alten Beschuldigten wegen Veruntreuung, gewerbsmässigen Betrugs, ungetreuer Geschäftsbesorgung, Gläubigerschädigung durch Vermögensminderung, Misswirtschaft und Urkundenfälschung. Über ein Netzwerk von Wohnbaugenossenschaften, Beratungs- und Baufirmen stellten die Beschuldigten in mehreren Kantonen die Realisierung von Bauprojekten in Aussicht. Beispielsweise hätte durch die Genossenschaft Bad Rans in Sevelen ein Parkhotel mit 312 Betten, Seminarräumen für bis zu 300 Personen, drei Restaurants, Medical Spa und Kardiologiezentrum entstehen sollen.
Dafür holten die Beschuldigten Investorinnen und Investoren an Bord. Die Projekte wurden allerdings nie realisiert. Die Investitionen flossen grösstenteils in die Taschen der Beschuldigten selber und in ihr weit verzweigtes Netzwerk von Gesellschaften. Die Beschuldigten verursachten derart auf deliktische Weise insgesamt einen Schaden von mehreren Millionen Franken.
Mit den Schuldsprüchen folgt das Gericht in der Hauptsache den Anträgen der Staatsanwaltschaft. Diese hatte verschiedene Sachverhaltskomplexe bereits in den Jahren 2014, 2016 und 2017 am Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland zur Anklage gebracht. Im November 2018 kam es dort zur Verhandlung. Nach Eröffnung der Urteile versetzte die Anklagekammer des Kantons St. Gallen einen der beteiligten Richter in den Ausstand. Er hatte mit einer der involvierten Gesellschaften in geschäftlicher Beziehung gestanden und ihr gegenüber noch eine Forderung offen gehabt. Das Bundesgericht bestätigte diesen Entscheid im April 2019. In der Folge war die Hauptverhandlung zu wiederholen und die Urteile vom November 2018 waren hinfällig. Nachdem es zu weiteren Ausstandsbegehren gegen Mitglieder des Kreisgerichts Werdenberg-Sarganserland gekommen war, überwies die Anklagekammer des Kantons St. Gallen die Sache zur Beurteilung ans Kreisgericht St. Gallen. Das Bundesgericht wies eine gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde am 30. März 2020 ab. Im April 2020 gingen die Anklagen samt den über 60 Zügelkartons mit Akten beim Kreisgericht St. Gallen ein.
Die angeklagten Sachverhalte reichen zurück bis ins Jahr 2006. Vereinzelt sind sie verjährt. Bei der grossen Mehrheit der angeklagten Delikte sind seit der Tatbegehung mehr als zwei Drittel der Verjährungsfrist verstrichen. Dies ist gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts bei der Ausfällung des Strafmasses zwingend zu berücksichtigen und führt zu einem geringeren Strafmass. Die vergleichsweise lange Dauer bis zum erstinstanzlichen Urteil seit der ursprünglichen Anklageerhebung am Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland in den Jahren 2014, 2016 und 2017 wirkt sich ebenfalls strafmindernd aus.
Die beiden 70 und 77 Jahre alten Hauptbeschuldigten werden zu Freiheitsstrafen von drei Jahren respektive vierzehn Monaten verurteilt. Hinzu kommt bei beiden eine Geldstrafe von 360 Tagessätzen. Sie waren die treibenden Kräfte hinter den Tätigkeiten der beteiligten Gesellschaften und profitierten massgeblich in finanzieller Hinsicht. Die weiteren Beschuldigten waren in vergleichsweise untergeordneten Chargen tätig und ihr finanzieller Vorteil war nicht sonderlich gross. Ihnen ist vor allem vorzuwerfen, die Hauptbeschuldigten nicht ausreichend überwacht zu haben. Ihr Verschulden ist daher im Vergleich zu den beiden Hauptbeschuldigten deutlich geringer, weshalb sie ausschliesslich zu Geldstrafen verurteilt werden. Einer der Beschuldigten wird von sämtlichen Vorwürfen freigesprochen. Er setzte sich als Organ der Genossenschaft Bad Rans hinreichend für die Belange der Gesellschaft sowie der Anlegerinnen und Anleger ein. Ihm kann daher nicht vorgeworfen werden, für den Schaden verantwortlich zu sein.
Das Verfahren am Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland hat sich letztlich als unnütz erwiesen. Die dabei entstandenen Kosten, insbesondere die Kosten für die Rechtsvertretungen der Parteien, hat daher der Kanton zu tragen. Die Kosten des Verfahrens am Kreisgericht St. Gallen haben aufgrund ihrer Verurteilungen hingegen zur Hauptsache die verurteilten Beschuldigten zu bezahlen.
Die Entscheide sind noch nicht rechtskräftig.