Die neue Bildungsverordnung «Kaufleute 2023» bedeutet eine grundlegende Anpassung der kaufmännischen Grundausbildung für das Eidgenössische Fähigkeitszeugnis (EFZ). Davon betroffen ist auch die Wirtschaftsmittelschule.
Mitte August 1994 startete die Kantonsschule am Brühl (KSB); von Anfang an dabei: die Wirtschaftsmittelschule. Dreissig Jahre später ist sie immer noch ein zentrales Element des Bildungsangebots der KSB. Knapp ein Viertel der Schülerinnen und Schüler entscheidet sich für diese Ausbildung, die sowohl zu einem Eidgenössischen Fähigkeitszeugnis (EFZ) als auch zu einer Berufsmaturität führt.
Die Wirtschaftsmittelschule ist eine Erfolgsgeschichte. Im Laufe der Jahrzehnte hat sie aber einige Veränderungen und Ergänzungen erfahren, um mit der Zeit Schritt zu halten. Die Umsetzung der nationalen Reform «Kaufleute 2023» gehört dazu, wahrscheinlich zählt sie sogar zu den einschneidendsten und wichtigsten Wegmarken in der Geschichte der Wirtschaftsmittelschule. Der EFZ-Teil der Ausbildung ist grundlegend neu strukturiert, es wird nicht mehr in üblichen Fächern wie Deutsch, Mathematik oder Rechnungswesen unterrichtet. Im Fokus stehen neu sogenannte Handlungskompetenzen. Es geht darum, das Fachwissen in konkreten Situation anwenden zu können. Rechtschreibung bleibt also relevant. Mathematik selbstverständlich auch. Und die Struktur einer Erfolgsrechnung ist auch künftig noch Stoff in der kaufmännischen Ausbildung. Die Inhalte werden aber vermehrt in praxisnahen Aufgabenstellungen erlernt. Wer zum Beispiel eine Kundenreklamation schriftlich beantworten will, muss formulieren und korrekt schreiben können, dies nicht nur in der Erstsprache, sondern auch in zwei weiteren Sprachen. Und wer den Budgetierungsprozesse und Business-Pläne verstehen möchte, muss diese interpretieren können.
Diese Kursänderung bedingte neue Lehrpläne, neue Rollen, ein neues Denken und brachte Herausforderungen mit sich: Die Lehrpersonen standen vor der Herausforderung, ihren Unterricht konsequent handlungsorientiert auszurichten – und das zum Teil lange Zeit ohne Möglichkeit, sich an einem Lehrbuch zu orientieren. Die Schulleitung musste unter anderem die Betriebsorganisation neu denken, Raum für mehr Projektarbeit, mehr Teamarbeit und mehr Interdisziplinarität schaffen.
Das Ausbildungsmodell wurde von den Grundfesten her überarbeitet und der erste Jahrgang hat pünktlich zum 30-Jahr-Jubiläum im August gestartet.
Ich gratuliere allen Beteiligten zum Gelingen des Projekts. Ich bin mir sicher, dass die Wirtschaftsmittelschule mit dem neuen Konzept ein attraktives Angebot für die Schülerinnen und Schüler bietet. Mit einem neuen EFZ-Teil und vergleichsweise feinen Justierungen im Teil der Berufsmaturität haben die Absolventinnen und Absolventen auch in Zukunft eine breite Allgemeinbildung für ihren weiteren Weg. Ihr Rucksack ist gefüllt mit Praxiserfahrung, Fachkompetenzen, einem grossen Allgemeinwissen und ausgeprägten, sprachlichen Kompetenzen. Denn das sprachliche Alleinstellungsmerkmal der WMS, das sich seit über 20 Jahren bewährt hat, bleibt im neuen Konzept erhalten: Ein siebenwöchiger Aufenthalt im französischsprachigen sowie im englischsprachigen Raum ist weiterhin Pflicht.
Ziel ist es, neben dem Kennenlernen und Trainieren der Sprache auch die Möglichkeit einer intensiven Vorbereitung auf ein Sprachdiplom zu absolvieren. Für die Schülerinnen und Schüler war das stets ein Highlight der Ausbildung – und wird es hoffentlich auch bleiben.
Ich wünsche allen einen guten Start ins erste Jahr der neuen WMS.
Tina Cassidy, Leiterin Amt für Mittelschulen