2008 bin ich jung Mitglied der Regierung und Vorsteher des Bildungsdepartementes geworden. Letzten Herbst habe ich bekanntgegeben, 2024 nicht mehr für eine weitere Amtsdauer – es wäre meine fünfte geworden! – kandidieren zu wollen. Ich war mir bewusst, dass das ein ungewöhnlich früher Zeitpunkt war. Was hat mich bewegt, den Verzicht sogleich zu kommunizieren?
Dafür gibt es einmal persönliche Gründe. Exekutivpolitiker müssen hart im Nehmen und Einstecken sein. Ihnen wird von allen Seiten ausgeteilt – von den Parlamentarierinnen und Parlamentariern, den Parteien, den Medien, den Bürgerinnen und Bürgern. Man darf nicht empfindlich und nachtragend sein und muss Freude haben, auch mit harten Bandagen umzugehen. Mit harten Bandagen komme ich gut zurecht, ich war ja früher Eishockeyspieler. Nach bald 16 Jahren «High End»-Politik stellt man sich aber, um viel Lebenserfahrung reicher, mehr und mehr Fragen nach den Prioritäten im Leben. Wie lange macht der Rhythmus noch Sinn, wie lange will man ihn noch durchhalten? Bei mir ist die Gewissheit, dass 16 Jahre genug sein werden, aus mehreren persönlichen Gründen plötzlich entstanden. Diese Gründe sollen hier nicht ausgebreitet werden. Was ich aber mitteilen will: Wenn ich einen Entschluss gefasst habe und es für mich davon kein Zurück gibt, so will ich ihn zügig offenlegen. Es ist generell mein Grundsatz, schnell Transparenz zu schaffen.
Es gibt aber auch gewichtige sachliche Gründe für meine frühe Kommunikation: Bei der Führung eines Kantons bestehen immer und überall Baustellen, in der Bildung bekanntlich ganz ausgeprägt. Wer neu kommt, trifft Baustellen an, wer wieder geht, hinterlässt solche. Das ist normal und es wäre nicht angebracht, sie den politischen Leadern vorzuhalten. Trotzdem bestehen natürlich Anreize, Baustellen mit der politisch verantwortlichen Person in Verbindung zu bringen – besser gesagt vielleicht mit ihrer Partei, vor allem, wenn wieder ein Wahlkampf näher rückt. Die sachorientierte Bewältigung von Herausforderungen kann durch persönliches oder parteipolitisches Kalkül empfindlich gestört werden. Es können «Stellvertreter»-Gefechte entbrennen, die der Sache nicht helfen, sondern schaden.
Mein frühzeitiger Verzicht auf weitere politische Ambitionen und dass ich ihn sofort bekanntgebe, sollte dieser Gefahr entgegenwirken. Ich habe schnell festgestellt, dass diese Rechnung aufgeht. Vom Moment der Kommunikation an haben sich die Diskussionen um die heissen Eisen der Schulentwicklung erstaunlich entspannt. Die Aufgaben sind nicht einfacher zu lösen geworden. Aber die politische Stimmung bei der Lösungssuche hat sich entkrampft, und das freut mich. Sonderschulversorgung, Immobilienbedarfsplanung für die Sekundarstufe II, Revision des Volksschulgesetzes, neues Universitätsgesetz – das sind alles Themen, denen dies guttut. Ich setze mich mit all meiner Energie dafür ein, die restliche Amtszeit zu nutzen, um alle diese Vorhaben einen gehörigen Schritt weiter zu bringen. Jede Baustelle werde auch ich, nicht anders als meine Vorgänger, nicht endgültig abschliessen können. Dass die Stakeholder und ich frei von Wahlkampf-Belastung zu Ende arbeiten können, wird aber helfen, dass ich weiterlaufende Arbeiten in geordnetem Zustand meiner Nachfolge übergeben kann.
Ich freue mich auf den verbleibenden Austausch, immer noch gerne mit harten Bandagen, aber sachlich und fair!
Regierungsrat Stefan Kölliker
Vorsteher Bildungsdepartment