Der Kanton St.Gallen ist seit 1998 Mitglied der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen. Dieses Konkordat wurde im Jahr 2019 vollständig revidiert. Unser Kanton tritt dem neuen Konkordat per 1. Juni 2023 bei.
Die Regierung hat am 25. April 2023 die totalrevidierte Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen verabschiedet und beschlossen, diese zusammen mit dem am 21. September 2022 vom Kantonsrat verabschiedeten Einführungsgesetz zur Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen aus dem Jahr 2019 per 1. Juni 2023 in Vollzug zu setzen. Somit tritt der Kanton St.Gallen der revidierten Interkantonalen Vereinbarung per 1. Juni 2023 bei.
Nachhaltigkeit und Qualitätswettbewerb
Die Interkantonale Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen vom 15. November 2019 (IVöB 2019) regelt, wie Auftraggeberinnen und Auftraggeber auf kantonaler und kommunaler Ebene öffentliche Aufträge vergeben, also wie sie Güter, Dienstleistungen und Bauleistungen beschaffen. Die IVöB 2019 modernisiert das öffentliche Beschaffungsrecht der Kantone und harmonisiert es mit dem Bundesrecht. Die Totalrevision führt zu keiner grundlegenden Änderung des öffentlichen Beschaffungswesens. Neben der Rechtsvereinheitlichung verfolgt sie jedoch auch politische Ziele, nämlich die stärkere Berücksichtigung der ökologischen, sozialen und (volks-)wirtschaftlichen Nachhaltigkeit bei öffentlichen Aufträgen und die Stärkung des Qualitätswettbewerbs gegenüber dem Preiswettbewerb. Zudem führt die IVöB 2019 neue Beschaffungsmethoden ein und macht es einfacher, Anbieterinnen und Anbieter, die unzuverlässig arbeiten oder sich nicht an Vorschriften halten, auszuschliessen, was einen fairen Wettbewerb fördert. Das Einführungsgesetz hält die öffentlichen Auftraggeberinnen und Auftraggeber zudem an, auf die Leistungsfähigkeit und die Bedürfnisse der kleinen und mittleren Unternehmen Rücksicht zu nehmen.
Erweiterte Publikationspflichten
Die schon bisher für Vergaben im Staatsvertragsbereich geltende Publikatonspflicht wird auf den Nichtstaatsvertragsbereich ausgedeht. Unter neuem Recht müssen alle Zuschläge in offenen und selektiven Verfahren zeitnah und zwingend mit Angabe des Zuschlagspreises auf der gemeinsamen Plattform von Bund und Kantonen (simap.ch) veröffentlicht werden. Dies gilt auch für alle freihändigen Vergaben mit einem Auftragswert, der ein höherstufiges Verfahren verlangen würde.
Übergangsregelung
Alle Vergabeverfahren, die vor dem 1. Juni 2023 eingeleitet wurden, müssen nach altem Recht zu Ende geführt werden, auch wenn der Zuschlag nach dem 31. Mai 2023 erfolgt. Dabei ist auch weiterhin die kurze Rechtmittelfrist von lediglich zehn Tagen anwendbar. Als eingeleitet gilt ein Vergabeverfahren mit der Veröffentlichung der Ausschreibung bzw. mit der Einladung der Annbieterinnen und Anbieter im Einladungsverfahren. Bei freihändigen Vergaben ist hingegen entscheidend, wann der Zuschlag erfolgt.
Weitere Informationen auf unserer Seite «Neues Beschaffungsrecht»