Die St.Galler Regierung will offene Fragen in der Gemeindegesetzgebung mit sechs Gesetzesnachträgen klären. Auf zwei der Nachträge beantragt die vorberatende Kommission Nichteintreten. Auf vier der Nachträge beantragt sie Eintreten, jedoch mit gewissen Präzisierungen.
In einer Sammelvorlage schlägt die Regierung verschiedene Präzisierungen des Gemeindegesetzes vor:
- Mit dem IV. Nachtrag wird ein Auftrag des Kantonsrates erfüllt, der eine raschere Bestimmung von Ersatzverwaltungen bei Beschlussunfähigkeit eines Gemeinderates fordert. Die bisherige Regelung basiert auf Freiwilligkeit. Neu will die Regierung in einer Verordnung für jede Gemeinde eine stellvertretende Gemeinde verbindlich festhalten. Dies soll die Verfahren für das Einsetzen einer Ersatzverwaltung beschleunigen, da diese Verfahren zugenommen haben.
- Der V. Nachtrag erlaubt der Regierung, auf dem Verordnungsweg alternative Formen der Beschlussfassung anstelle der Bürgerversammlung zu ermöglichen, wenn auf längere Zeit – zum Beispiel wie bei der Covid-19-Pandemie – keine Bürgerversammlungen durchgeführt werden können.
- Die weiteren Nachträge (VI. bis IX. Nachtrag) beinhalten die gesetzliche Verankerung des Kollegialprinzips für Geschäftsprüfungskommissionen und die Klärung des Vorgehens bei unzulässigen Volksmotionen. Zudem werden die gesetzlichen Vorgaben im Bereich der Schulkommissionen in Einheitsgemeinden an die Praxis angepasst und die Regelung betreffend Vereinbarungen über die Zusammenarbeit mit anderen Gemeinwesen geklärt.
Gemeinden sollen Ersatzmandat weiterhin freiwillig übernehmen
Die vorberatende Kommission hat die Sammelvorlage unter der Leitung von Kommissionspräsident Rolf Huber, Oberriet, beraten. Eine Mehrheit der Kommission beantragt, auf den IV. und V. Nachtrag zum Gemeindegesetz nicht einzutreten. Aus ihrer Sicht hat sich das bisherige Verfahren zum Einsetzen einer Ersatzverwaltung bewährt. Ob durch die neue Regelung Verfahren beschleunigt werden können, stellt die Kommission in Frage. Es ist aus ihrer Sicht zielführender, wenn eine Gemeinde mit den notwendigen Kapazitäten ein Ersatzmandat freiwillig übernimmt. So wird keine Gemeinde durch eine vorgeschriebene Übernahme eines Ersatzmandats überlastet.
Die Anpassung im V. Nachtrag zum Gemeindegesetz erachtet eine Mehrheit der Kommission für unnötig, da das geltende Recht der Regierung bereits heute ermöglicht, alternative Formen der Beschlussfassung zu erlauben. Eine Minderheit der Kommission unterstützt die beiden Vorlagen, da diese eine Klärung der Verfahren bringen würden.
Zulässigkeit einer Volksmotion soll im Vorhinein klar sein
Auf die weiteren Nachträge beantragt die Kommission Eintreten. Sie nimmt gewisse Präzisierungen vor. Die Mehrheit der Kommission wertet es positiv, dass der VII. Nachtrag die Voraussetzung der Zulässigkeit von Volksmotionen ausdrücklich regelt. Da an Bürgerversammlungen nicht über rechtswidrige Anträge abgestimmt werden darf, ist eine frühzeitige Klärung der Zulässigkeit sinnvoll. Sie begrüsst deshalb die Möglichkeit einer freiwilligen Vorprüfung. Aus Sicht einer Minderheit der Kommission ist eine Zulässigkeitsprüfung bei Volksmotionen hingegen sachfremd und schränkt die demokratischen Rechte der Bürgerinnen und Bürger zu stark ein.
Die Mehrheit der Kommission begrüsst, dass die neue Regelung im VIII. Nachtrag zum Gemeindegesetz (Schulkommissionen in Einheitsgemeinden) den Gemeinden mehr Freiheiten in der Organisation des Schulwesens gibt. Eine Minderheit der Kommission hält die Anpassung für unnötig, da aus ihrer Sicht das geltende Recht bereits alle möglichen Fälle abdeckt.
Der Kantonsrat berät die Sammelvorlage in der kommenden Frühjahrsession in erster Lesung und voraussichtlich in der Sommersession 2025 in zweiter Lesung. Die Botschaft und die Entwürfe der Regierung und die Anträge der vorberatenden Kommission sind auf der Webseite des Kantonsrates (Geschäftssuche) und im Ratsinformationssystem unter den Geschäftsnummern 22.24.09 / 22.24.10 / 22.24.11 / 22.24.12 / 22.24.13 / 22.24.14 zu finden.