Der Kantonsrat will, dass Gemeinden anerkannten und vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen Sozialhilfe auch in Form von Wohnraum zuweisen können. Dies würde deren Niederlassungsfreiheit einschränken. Die Regierung hat den Gesetzesentwurf an den Kantonsrat überwiesen, beantragt jedoch, nicht auf die Gesetzesvorlage einzutreten. Denn ein juristisches Gutachten zeigt, dass eine solche Regelung gegen das Völkerrecht und das Schweizer Bundesrecht verstossen würde.
Die Regierung hat dem Kantonsrat einen Gesetzesentwurf zugeleitet, der die Niederlassungsfreiheit von anerkannten und vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen einschränken würde. Der Entwurf geht auf eine Motion des Kantonsrats aus dem Jahr 2021 zurück.
Der Kantonsrat will damit die Konzentration bestimmter Gruppen von Migrantinnen und Migranten in einzelnen Gemeinden verhindern. Eine solche Konzentration erschwere die Integration, so die Argumentation. Gemeinden sollen deshalb neu einen Teil der Sozialhilfeleistungen direkt in Form von Wohnraum ausrichten können. So könnten die Gemeinden über den Wohnsitz der Betroffenen entscheiden.
Die Regierung hatte bereits bei der Beratung der Motion beantragt, auf diese nicht einzutreten, da sie gegen übergeordnetes Recht verstösst. Der Kantonsrat hatte sie dennoch überwiesen und erteilte der Regierung damit den Auftrag, eine entsprechende Gesetzesvorlage zu erarbeiten.
Rechtsgutachten: Verstoss gegen Völker- und Bundesrecht
Nach der Überweisung der Motion liess die Regierung ein unabhängiges Rechtsgutachten von der Universität Freiburg erstellen. Das Gutachten kommt zum Schluss, dass die verlangte Einschränkung der Niederlassungsfreiheit für anerkannte und vorläufig aufgenommene Flüchtlinge gegen die Genfer Konvention und damit gegen Völkerrecht verstösst. Zudem verletzt die Regelung auch das Schweizer Bundesrecht: So dürfen etwa laut Art. 36 des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration Personen mit einer Kurzaufenthaltsbewilligung, einer Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung ihren Wohnort innerhalb des Kantons frei wählen.
Die Regierung erfüllt zwar den Auftrag des Kantonsrates und legt ihm die Gesetzesanpassung zur Beratung vor. Gleichzeitig beantragt die Regierung jedoch, auf die Vorlage nicht einzutreten.
Integration mit bestehenden Instrumenten fördern
Die Regierung anerkennt, dass die Herausforderungen der Gemeinden bei der Integration der zugezogenen Bevölkerung gross sind. Sie ist jedoch überzeugt, dass bestehende Instrumente ausreichen, um die Gemeinden zu entlasten. Dazu gehören insbesondere der soziodemografische Sonderlastenausgleich im Rahmen des vom Kanton finanzierten innerkantonalen Finanzausgleichs und die Integrations- und Globalpauschalen des Bundes, die an die Gemeinden ausgerichtet werden. Mit der Integrationspauschale soll der Prozess der sogenannten Erstintegration, der ab der Einreise beginnt und in der Regel rund fünf bis sieben Jahre dauert, vom Bund finanziert werden. Mit den Globalpauschalen finanziert der Bund Sozialhilfekosten für Asylsuchende, vorläufig Aufgenommene und Geflüchtete.
Zwischen Oktober 2024 und Januar 2025 fand eine Vernehmlassung zur Vorlage statt. Die Stellungnahmen fielen kontrovers aus und führten deshalb zu keinen wesentlichen Änderungen am Entwurf.
Die Botschaft und der Entwurf der Regierung zum VIII. Nachtrag zum Sozialhilfegesetz (Zuweisung Wohnraum für Flüchtlinge und vorläufig aufgenommene Flüchtlinge) sind im Ratsinformationssystem unter der Geschäftsnummer 22.25.03 abrufbar.