Die Regierung möchte ehemaligen Schülerinnen und Schülern der Privatschule Domino Servite bei der Verarbeitung der eigenen Geschichte helfen. Das Bildungsdepartement stellt ihnen dazu eine Anlaufstelle zur Verfügung. Betroffene Personen können sich so mitteilen und bei Bedarf an unabhängige, professionelle Beratungs- und Unterstützungsstellen verwiesen werden. Zudem wird im Rahmen der Totalrevision des Volksschulgesetzes überprüft, inwieweit die Aufsicht über die Privatschulen noch weiter ausgebaut werden kann.
An der Privatschule Domino Servite in Kaltbrunn sollen in den Jahren 1995 bis 2000 Schülerinnen und Schüler durch das Schulpersonal, das einer evangelikal ausgerichteten Glaubensgemeinschaft zugehörte, körperlich gezüchtigt worden sein. Die betroffenen Kinder sind seit längerem erwachsen. Nach jahrzehntelangem Schweigen haben sich einzelne von ihnen in der Sendung «Dok» des Schweizer Fernsehens (SRF) nun erstmals in der Öffentlichkeit geäussert. In der Zwischenzeit haben sich auch beim Bildungsdepartement weitere mutmassliche Opfer gemeldet.
Das Bildungsdepartement stellt nun den betroffenen Personen eine Anlaufstelle zur Verfügung. Den Personen wird so eine Möglichkeit geboten, sich mitzuteilen und bei Bedarf an unabhängige, professionelle Beratungs- und Unterstützungsstellen verwiesen zu werden. Die Personen können sich unter der Nummer 058 229 24 44 und via Mail an bds@sg.ch melden. Die Geheimhaltung wird garantiert.
Damalige Schulaufsicht hat korrekt gehandelt
Ein Aussteiger aus der Gemeinschaft wies im Jahr 1999 auf Missbräuche gegenüber den Kindern, namentlich körperliche Züchtigungen, hin. In der Folge ging die damalige regional organisierte Schulaufsicht den Vorwürfen gezielt nach, konnte indessen keine Beweise finden. Visitationen verliefen unauffällig und die Eltern der Kinder, meist selber Mitglieder der Glaubensgemeinschaft, erstatteten keine Meldung oder gar Anzeige.
Abermals intensiv überprüft wurde die Schule nach Personalwechseln in den Jahren 2002 bis 2004, als es um die Bewilligung zur Führung des Internates ging, die mit neuen kantonalen Vorschriften erforderlich geworden war. Auch jene Prüfung brachte keine Verfehlungen zutage. Später verlief der Kontakt zwischen der Privatschulaufsicht und der Schule in Kaltbrunn in der normalen Bahn.
Aus Sicht der Regierung hat die damalige Schulaufsicht das Erwartbare und Zumutbare vorgekehrt, um die ihr zugetragenen Verdachtsmomente zu aufsichtsrechtlich verwertbaren Ergebnissen zu konkretisieren. Dass dies damals nicht gelungen ist, ist erklärbar und macht heute nicht eine neuerliche Untersuchung erforderlich.
Aufsicht von Privatschulen als Teil laufender Gesetzesüberarbeitung
Seit den Vorkommnissen vor rund 25 Jahren wurde die Privatschulaufsicht modernisiert und intensiviert. Seither wurden Vorschriften für die Bewilligung von Internaten erlassen und die Aufsichtstätigkeit wurde zentralisiert, professionalisiert und verdichtet. Das Risiko von Rechtsverstössen in Privatschulen ist heute deutlich tiefer als früher. Auch die heutige Nachfolgeschule der damaligen Privatschule Domino Servite gibt aktuell zu keinen Beanstandungen Anlass.
Im Rahmen der Totalrevision des Volksschulgesetzes wird überprüft, inwieweit die Aufsicht über die Privatschulen noch weiter ausgebaut werden kann, ohne dass damit die verfassungsmässig garantierte Privatschulfreiheit in Frage gestellt wird. Diese Revisionsarbeit hat die Regierung dieses Jahr gestartet, sie dauert voraussichtlich bis zum Jahr 2026.