Der Kanton St.Gallen weist für das Jahr 2022 einen operativen Ertragsüberschuss von 24,1 Millionen Franken aus. Damit schliesst der Kanton das Rechnungsjahr operativ 227 Millionen Franken besser ab als budgetiert. Die Hauptgründe für die Verbesserung sind höhere Steuereinnahmen und eine höhere Gewinnausschüttung der Schweizerischen Nationalbank. Den Mehreinnahmen stehen hohe Wertberichtigungen bei den Darlehen an die Spitalverbunde gegenüber.
Bei den kantonalen Steuern resultiert ein Mehrertrag von insgesamt 179,1 Millionen Franken gegenüber dem Budget 2022. Höhere Steuererträge ergeben sich bei fast allen Steuerarten. Insbesondere bei der Grundstückgewinnsteuer, bei der Gewinn- und Kapitalsteuer und bei der Einkommens- und Vermögenssteuer sind deutlich höhere Erträge zu verzeichnen als budgetiert. Der Liegenschaftsmarkt und die damit zusammenhängenden Grundstückgewinne bewegten sich auch im Jahr 2022 auf sehr hohem Niveau und haben sogar das damalige Rekordjahr 2021 nochmals leicht übertroffen.
Die steuerbaren Gewinne der juristischen Personen haben sich ebenfalls deutlich besser entwickelt als ursprünglich angenommen aufgrund der unsicheren wirtschaftlichen Entwicklung (unter anderem Unsicherheiten wegen der Pandemie). Weiter ist auch beim Anteil an den Bundessteuern ein Mehrertrag von 21,6 Millionen Franken zu verzeichnen. Der Ertrag aus der Gewinnausschüttung der Schweizerischen Nationalbank fällt um 117,2 Millionen Franken besser aus als budgetiert. Weiter zeigt sich auch bei den Vermögenserträgen ein um knapp 21 Millionen Franken besseres Ergebnis.
Hoher Mehraufwand für Wertberichtigungen
Aufgrund der jährlichen Werthaltigkeitsbeurteilung müssen per Ende 2022 bei den Darlehen an die Spitalverbunde zusätzliche Wertberichtigungen von 120,8 Millionen Franken gebildet werden. Die Gründe liegen einerseits in den negativen finanziellen Aussichten der Spitalverbunde, andererseits in der geplanten Kapitalerhöhung beziehungsweise Umwandlung von Darlehen in Eigenkapital im Umfang von insgesamt 162,9 Millionen Franken. Damit sind die für die Umwandlung vorgesehenen Darlehensbeträge per Ende 2022 vollständig wertberichtigt. Weiter ist auch die im Jahr 2022 an die Olma Messen ausgerichtete Darlehenstranche von 5,4 Millionen Franken vollständig wertberichtigt worden.
Mehraufwendungen gegenüber dem Budget 2022 resultieren zudem bei den ausserkantonalen Hospitalisationen (12,3 Millionen Franken), für die Förderbeiträge an die Gemeindevereinigung Neckertal (11,7 Millionen Franken) und im Amt für Militär und Zivilschutz (10,4 Millionen Franken; Corona-Massnahmen Kantonaler Führungsstab). Die Förderbeiträge an die Gemeinde Neckertal und die im Rechnungsjahr 2022 angefallenen Aufwendungen für Corona-Massnahmen werden aus dem besonderen Eigenkapital finanziert und belasten den allgemeinen Haushalt nicht. Schliesslich resultiert gegenüber dem Budget 2022 auch ein Minderertrag beim Anteil an der Verrechnungssteuer von 16 Millionen Franken.
Staatsquote ist leicht rückläufig
Trotz der hohen Wertberichtigungen steigt der bereinigte Aufwand gegenüber dem Vorjahr lediglich um 60,8 Millionen Franken oder 1,5 Prozent an. Neben verschiedenen gegenläufigen Effekten sind insbesondere die tieferen Bruttokosten für Corona-Massnahmen für den nur moderaten Anstieg des bereinigten Aufwands verantwortlich. Für das Jahr 2022 wird ein Wachstum des Bruttoinlandproduktes der Schweiz von 2,1 Prozent erwartet. Damit nimmt die Staatsquote im Jahr 2022 leicht ab, nachdem sie im Vorjahr Corona-bedingt angestiegen ist.
Deutlich tiefere Nettoinvestition und Anstieg des Nettovermögens
Die Nettoinvestitionen liegen deutlich unter dem Budget 2022 und den Vorjahreswerten. Dies hauptsächlich wegen diverser Projektverzögerungen, späterem Realisierungsbeginn bei gewissen Vorhaben und tieferen Darlehensgewährungen. Budgetiert waren Nettoinvestitionen von 236,6 Millionen Franken. Effektiv wurden in der Rechnung 2022 jedoch nur Nettoinvestitionen im Umfang von 84 Millionen Franken getätigt. Dadurch ist auch das Verwaltungsvermögen nicht so stark angestiegen wie budgetiert. Auf der anderen Seite hat das Eigenkapital aufgrund des positiven Ergebnisses zugenommen. In der Folge nimmt das Nettovermögen gegenüber dem Vorjahr um knapp 240 Millionen Franken zu.
Eigenkapitalbestand ist weiterhin sehr solide
Dank des deutlich besseren Ergebnisses als budgetiert nimmt das freie Eigenkapital gegenüber dem Vorjahr um 70,7 Millionen Franken zu und weist per Ende 2022 einen Bestand von 1'392 Millionen Franken auf.
Das besondere Eigenkapital, das seit dem Jahr 2020 neben der Finanzierung von steuerlichen Entlastungen und der Förderung von Gemeindevereinigungen auch für die Finanzierung von Corona-Massnahmen verwendet werden kann, beläuft sich per Ende 2022 auf neu 124,3 Millionen Franken. Die Abnahme um insgesamt 46,5 Millionen Franken setzt sich zusammen aus:
- dem budgetierten Bezug einer Tranche von 30,6 Millionen Franken,
- der Entnahme von 11,7 Millionen Franken zur Finanzierung der Förderbeiträge für die Gemeindevereinigung Neckertal,
- dem Bezug von 16,5 Millionen Franken für die Finanzierung von Corona-Massnahmen und
- einer Einlage von 12,2 Millionen Franken aus Minderaufwendungen aus Corona-Massnahmen, die ursprünglich aus dem besonderen Eigenkapital finanziert wurden.
Das verwendbare Eigenkapital beläuft sich per Ende 2022 somit auf rund 1'516 Millionen Franken.
Beurteilung des Rechnungsergebnisses und Ausblick
Die Planungen der letzten Jahre waren geprägt durch hohe Unsicherheiten bezüglich der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Aus Sicht der Regierung ist es daher erfreulich, dass sich die Steuererträge in den vergangenen Jahren positiver entwickelt haben als ursprünglich angenommen. Auch die erneute Maximalausschüttung der SNB für das Geschäftsjahr 2021 hat noch einmal zu einer starken Verbesserung des Ergebnisses beigetragen. Auf der anderen Seite haben sich die finanziellen Verhältnisse der Spitalverbunde weiterhin negativ entwickelt, womit entsprechende Wertkorrekturen auch im Jahr 2022 vorgenommen werden mussten.
Angesichts des hohen operativen Defizits im Budget 2023 von rund 160 Millionen Franken, der im Jahr 2023 ausbleibenden Gewinnausschüttung der SNB und den im Aufgaben- und Finanzplan 2024–2026 erwarteten operativen Defizite von jährlich rund 200 Millionen Franken werden die kommenden Jahre für den Kanton St.Gallen finanziell anspruchsvoll. Die Haushaltsentwicklung bleibt nach wie vor unsicher und ist dabei sehr stark von verschiedenen nicht beeinflussbaren Faktoren abhängig.
Dank der positiven Ergebnisse der letzten Jahre konnte das Eigenkapital laufend gestärkt werden. Dieses dient dem Kanton St.Gallen mittelfristig als finanzielles Fundament zur Bewältigung der anstehenden Herausforderungen. Sollten sich die finanziellen Aussichten längerfristig verschlechtern, wären aus Sicht der Regierung Korrekturen auf der Aufwand- und/oder Ertragsseite zwingend angezeigt.