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Publiziert am 08.11.2022 08:45 im Bereich Allgemein
Schule

Die Regierung hat Botschaft und Entwürfe für einen XIV. und XV. Nachtrag zum Mittelschulgesetz verabschiedet. Darin werden die Gründe für Absenzen vom Unterricht präzisiert. Urlaub zu politischen Zwecken soll künftig nur noch in Ausnahmefällen bewilligt werden. Die Regierung hat vom Resultat der Vernehmlassung Kenntnis genommen und überweist die Nachträge unverändert dem Kantonsrat.

Der vorgeschlagene XIV. Nachtrag zum Mittelschulgesetz zählt die Absenzgründe exemplarisch auf. Urlaub für die Teilnahme an einer politischen Veranstaltung schliesst er im Grundsatz aus. Ausnahmsweise soll eine solche Absenz jedoch bewilligt werden können, wenn das politische Thema Gegenstand des fachlichen Unterrichts ist und die Veranstaltung den Unterricht nicht stört oder vereitelt oder instrumentalisiert.

Joker-Halbtage gleichen strengere Urlaubspraxis aus

Die neue Regelung verschärft die Urlaubspraxis an den Mittelschulen und nähert sie derjenigen in der Volksschule an. Zum Ausgleich sollen an den Mittelschulen zwei sogenannte Joker-Halbtage jährlich eingeführt werden, an denen sich Schülerinnen und Schüler ohne Begründung vom Unterricht abmelden können. Diese Halbtage stehen in der Volksschule bereits zur Verfügung und haben sich dort bewährt.

Schulische Aktivitäten in den Schulferien

Mit der Gesetzesrevision (XV. Nachtrag zum Mittelschulgesetz) wird sodann eine Grundlage geschaffen, um besondere schulische Aktivitäten an der Schnittstelle zwischen Unterrichtszeit und Schulferien flexibler planen zu können. Sprachaufenthalte, Einführungswochen, sogenannte Lift-Kurse (Abkürzung für «Leistungsfähig durch individuelle Förderung und praktische Tätigkeit») und neue Unterrichtsformen sollen besser in die Ausbildungs- und Schuljahresstruktur integriert werden können. Dazu soll die Rektorin oder der Rektor während der ganzen Ausbildungsdauer höchstens acht Ferienwochen als obligatorische Schulzeit bestimmen können.

Revision als Folge der «Klimastreiks»

An den «Klimastreiks» nahmen 2019 zwischen 35 und 65 der rund 4650 Schülerinnen und Schüler der St.Galler Mittelschulen teil. Die Rektorinnen und Rektoren bewilligten anfänglich die Absenzen. Für spätere Aktionen konnten sich die Schülerinnen und Schüler vom Unterricht befreien lassen, indem sie den Unterrichtsausfall mit einem Sozialeinsatz kompensierten, der doppelt so lange dauerte. In der Folge wurde im Kantonsrat eine Motion für präzisere Regeln zum Urlaub im Mittelschulgesetz eingereicht und gutgeheissen.

Kontroverse Resultate der Vernehmlassung

Die vorgeschlagenen Regelungen wurden einer breiten politischen Vernehmlassung unterzogen. Sie sind von den Vernehmlassungspartnern kontrovers aufgenommen worden. Zur Neuordnung der Absenzen – dem Hauptanliegen der Motion – wird mehrheitlich gewünscht, bei der geltenden Regelung zu bleiben. Den meisten ist die vorgeschlagene Normierung zu einengend. Einige Vernehmlassungspartner fordern umgekehrt, dass ideologisch begründete Urlaubsgesuche in jedem Fall abzulehnen seien. Die Joker-Halbtage für Schülerinnen und Schüler der Mittelschulen werden etwa zu gleichen Teilen begrüsst oder abgelehnt.

Die Kürzungsmöglichkeit bei den Schulferien zum Beispiel für Sprachaufenthalte findet zwar bei einem Teil der Vernehmlassungspartner Unterstützung. Acht Wochen werden aber als zu weitgehend erachtet.

Kantonsrat entscheidet über Erfüllung der gutgeheissenen Motion

Aufgrund der grossen Bandbreite der Antworten ohne eindeutige «Trends» überweist die Regierung die Nachträge ohne inhaltliche Änderungen an den Kantonsrat. Der Kantonsrat wird die Vorlage voraussichtlich in der Februarsession 2023 beraten. Vollzugsbeginn ist ab dem Schuljahr 2023/24 möglich.