Die Regierung revidiert erstmals das Gesetz über Beiträge für familien- und schulergänzende Kinderbetreuung. Die Gesetzesanpassung sieht neu zehn statt bisher fünf Millionen Franken jährlich für die familienergänzende Kinderbetreuung vor. Der Kanton setzt damit in Abstimmung mit den Gemeinden weitere Anreize zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
Das Gesetz über Beiträge für familien- und schulergänzende Kinderbetreuung (Kinderbetreuungsgesetz) trat am 1. Januar 2021 in Kraft. Seither beteiligt sich der Kanton mit jährlich fünf Millionen Franken an den Kosten der familien- und schulergänzenden Kinderbetreuung. Das Geld fliesst an die Gemeinden, diese geben es gemäss ihrer Förderpraxis an die Eltern weiter. Der Kantonsrat beauftragte im Februar 2022 die Regierung, die Kantonsbeiträge auf 10 Millionen Franken je Jahr zu erhöhen.
Präzisierung des Verwendungszwecks
Gemäss dem Auftrag des Kantonsrates sollen die politischen Gemeinden wählen können, ob sie die zusätzlichen Kantonsbeiträge zur Senkung der Kosten für die Eltern einsetzen, die bestehende Platzzahl ausweiten oder den Betreuungsschlüssel verbessern. Grundsätzlich können die Gemeinden die Gelder heute bereits für diese Zwecke einsetzen. Die gesetzlichen Bestimmungen werden mit der Revision aber präzisiert. Weiterhin müssen die Gemeinden die Kantonsgelder ergänzend einsetzen, das heisst, sie können nicht zur Senkung ihrer bestehenden Ausgaben in diesem Bereich verwendet werden.
Positive Auswirkungen der bisherigen Förderung
Erste Erkenntnisse zur Umsetzung des Kinderbetreuungsgesetzes liegen vor. Im Jahr 2021 haben 74 von 77 Gemeinden den Kanton um Beiträge ersucht. Der grösste Teil der Gemeinden (90 Prozent) unterstützte mit den Geldern Kindertagesstätten. 79 Prozent der Gemeinden unterstützten auch schulergänzende Betreuungsangebote und 64 Prozent Tagesfamilien. Ein Grossteil der Gemeinden förderte also mehrere Arten von Angeboten. Die meisten Gemeinden liessen diese Unterstützung den Familien in Form eines Rabatts auf den Betreuungsbeiträgen zukommen.
Chancengerechter Zugang zur Kinderbetreuung
Eine weitere Erkenntnis ist, dass im Kanton St.Gallen für Familien nach wie vor kein chancengerechter Zugang zu Kinderbetreuungsangeboten besteht, da die Kantonsbeiträge in den Gemeinden sehr unterschiedlich eingesetzt werden. Abhängig davon, in welcher Gemeine eine Familie wohnt, profitiert sie mehr oder weniger. Zudem ist das bestehende Beitragssystem sowohl für die Gemeinden als auch für den Kanton umständlich und aufwändig.
Die Regierung stellt im vorliegenden Nachtrag deshalb bereits eine nächste Gesetzesanpassung in Aussicht. Mit dem Aufbau eines neuen Systems zur Finanzierung der Kinderbetreuung im ganzen Kanton soll diesen Problemen begegnet werden. Die Projektarbeiten starten voraussichtlich Anfang 2023. Die Regierung setzt mit diesem Vorhaben ein Ziel ihrer aktuellen Schwerpunktplanung um. Die Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die Bereitstellung von Betreuungsangeboten sind darin als Strategie definiert.
Volksabstimmung nötig
Der vorliegende Nachtrag des Kinderbetreuungsgesetzes unterliegt dem obligatorischen Finanzreferendum. Es ist vorgesehen, dass die Volksabstimmung im November 2023 stattfinden und der Nachtrag anschliessend per 1. Januar 2024 umgesetzt wird. Die Vernehmlassung dauert bis zum 4. Dezember 2022. Die Unterlagen sind auf der Webseite des Kantons abrufbar.