Die Zuständigkeit der Gemeinden bei der Integration von Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen wird klarer definiert und gestärkt. Dies sieht der Entwurf für einen VI. Nachtrag des Sozialhilfegesetzes vor, zu dem die Regierung eine Vernehmlassung eröffnet hat. Die Gemeinden werden neu selbständig entscheiden, welche Kurse und andere Integrationsmassnahmen sinnvoll sind und mit den vom Bund bereitgestellten Mitteln finanziert werden sollen.
Bereits heute ist für die Umsetzung von einzelnen Integrationsmassnahmen von Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen die Wohnsitzgemeinde zuständig. Die Massnahmen werden dabei durch die vom Bund je Person ausgerichtete Integrationspauschale (IP) finanziert. Heute müssen sich die Gemeinden bei der Wahl der Massnahmen an Listen orientieren, die der Kanton erstellt. Nur im Rahmen einer im Jahr 2020 vom Departement des Innern neu definierten Quote können sie selbständig entscheiden. Für weitergehende kommunale Kompetenzen bedarf es einer gesetzlichen Regelung. Ein neuer Nachtrag zum Sozialhilfegesetz, der nun als Entwurf vorliegt, soll es ermöglichen, dass die Gemeinden vollumfänglich selbst entscheiden können, ob eine Massnahme sinnvoll ist. Einzuhalten sind dabei die Vorgaben des Bundes.
Gemeinden in der Verantwortung
Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass die Sozialämter in der Lage sind, die entsprechenden Entscheide zu den einzelnen Massnahmen auf Basis der Bundesvorgaben selbständig zu treffen. Die Gemeinden haben dabei ein eigenes Interesse an einem korrekten wie auch effizienten und effektiven Einsatz der Bundesmittel, denn die Kosten bei einer schlechten Integration in den Arbeitsmarkt fallen schliesslich bei den Gemeinden an (Sozialhilfe). Mit dem Gesetzesnachtrag wird die Kongruenz von Zuständigkeit, Erfüllungstätigkeit und Finanzierungskompetenz deutlich verbessert.
Die Vereinigung St.Galler Gemeindepräsidentinnen und Gemeindepräsidenten (VSGP) ist neu unter anderem für Schulungen zuständig, um die Kompetenzen der Gemeinden für die Aufgaben zu stärken. Der Gesetzesentwurf beziehungsweise die damit zusammenhängende Vereinbarung zwischen dem Kanton und der VSGP sieht vor, dass die Gemeinden finanzielle Mittel zurückerstatten müssten, wenn sich herausstellen würde, dass diese falsch verwendet würden beziehungsweise der Bund entsprechend Gelder zurückfordern würde (was im Fall des Kantons St.Gallen bisher noch nie erfolgt ist). Zudem ist geklärt, dass sich die Gemeinden bei der Wahl von Kursanbietenden und anderen Angeboten an beschaffungsrechtliche Vorgaben halten müssen.
Aufgaben des Kantons definiert
Die Vorlage sieht für den Kanton weiterhin wichtige Aufgaben vor, etwa beim Transfer der Bundesmittel an die Gemeinden, beim Reporting gegenüber dem Bund und der punktuellen Aufsicht über die Mittelverwendung. Dazu wurde ein Aufsichtskonzept erstellt, das die Rollen des Amtes für Gemeinden und Bürgerrecht und des Amtes für Soziales definiert. Geprüft wird dabei die rechtmässige Verwendung der Bundesgelder. Eine wichtige Aufsichtsfunktion obliegt indes den Geschäftsprüfungskommissionen der einzelnen Gemeinden. Im Übrigen hat der Kanton auf einer strategischen Ebene für eine Abstimmung dieses Integrationsbereichs mit anderen Feldern der Integrationspolitik zu sorgen.
Die heutige Refinanzierungsregelung für Integrationsmassnahmen hat es in den letzten Jahren erlaubt, rasch Zugang zu den erweiterten Mitteln des Bundes im Rahmen der Integrationsagenda Schweiz zu erhalten. In der Praxis hat sich aber die Regelung insbesondere aus Sicht der Gemeinden zunehmend als schwerfällig erwiesen. Mit dem nun vorgesehenen System wird nicht nur einem Wunsch der Gemeinden nach mehr Selbständigkeit entsprochen, sondern auch ein ähnlich lautender Auftrag der vorberatenden Kommission des Kantonsrates zum Bericht «Integrationsagenda St.Gallen» (40.19.02) erfüllt.
Rasche Umsetzung vorgesehen
Die Gesetzesvorlage ist durch das Departement des Innern in enger Abstimmung mit der VSGP und unter Mitwirkung der Staatskanzlei erarbeitet worden. Es ist vorgesehen, dass die neue Regelung per 1. Dezember 2022 umgesetzt wird. Zum VI. Nachtrag zum Sozialhilfegesetz wird nun eine Vernehmlassung durchgeführt, mit einer Frist bis zum 3. Juli 2022.
Die Vernehmlassungsunterlagen sind online zugänglich.