Der Kanton St.Gallen und die Gemeinden sind bereit, ihren Anteil zur Linderung des humanitären Leides zu leisten. Bis am Dienstagmorgen sind rund 350 Flüchtlinge aus der Ukraine im Kanton St.Gallen gemeldet. Es sind vor allem Frauen und Kinder. Der Kanton und die Gemeinden möchten die Personen schützen und betreuen. Es ist deshalb wichtig, dass sich Ukraine-Flüchtlinge offiziell registrieren.
Gemäss dem Staatssekretariat für Migration (SEM) haben sich bis Sonntagabend rund 9'800 Personen aus der Ukraine für den Schutzstatus S registriert. Gemäss dem nationalen Verteilschlüssel würde der Kanton knapp 600 Personen davon aufnehmen. Die Informationen zu den Registrierungen treffen jedoch noch mit Verzögerung ein. Deshalb weichen die Zahlen voneinander ab: Bis am Dienstagmorgen sind rund 350 Flüchtlinge aus der Ukraine im Kanton St.Gallen gemeldet. Dazu kommen jene geflüchteten Personen, die sich noch nicht für den Schutzstatus S registriert haben.
Gesundheitsversorgung mit S-Status sichergestellt
Die Anzahl der nicht-registrierten Personen ist dem Kanton nicht bekannt. Eine Registrierung ist aber wichtig: Der Schutzstatus S gewährt den geflüchteten Personen ein weitergehendes Aufenthaltsrecht als das Touristenvisum. Der Schutzstatus S ermöglicht den geflüchteten Personen zudem den Zugang zur Sozialhilfe, zu einer Krankenkasse und somit zur Gesundheitsversorgung. Auch erhalten sie damit das sofortige Recht, arbeiten zu dürfen (mit Gesuch/Bewilligung).
Die Registrierung erfolgt im Kanton St.Gallen im Bundesasylzentrum Altstätten. Geflüchtete können sich auch online registrieren. Das Staatssekretariat für Migration publiziert in einem Ampelsystem die Wartezeiten vor dem Bundesasylzentrum in Altstätten. Zur Vereinfachung der Abläufe, insbesondere bei Einreisen über die Ostgrenze der Schweiz, hat der Kanton St.Gallen dem Staatssekretariat für Migration angeboten, Registrierungen auch in Buchs vornehmen zu lassen, um die Weiterweisung in die Unterkünfte von dort aus zu organisieren. Die möglichen Abläufe werden derzeit geklärt.
Zentrum Rosenau hat Betrieb aufgenommen
Personen mit Schutzstatus S werden durch den Bund den Kantonen zugeteilt. Im Kanton St.Gallen ist der Trägerverein Integrationsprojekte St.Gallen (TISG) für die Unterbringung und Verteilung der Personen mit Bleiberecht zuständig. Er macht dies im Auftrag der 77 Gemeinden. Der TISG hat am vergangenen Donnerstag das Zentrum Rosenau in Kirchberg in Betrieb genommen. Dies war vor allem auch dank der Unterstützung des Zivilschutzes der Region Toggenburg, der Gemeinde Kirchberg sowie zahlreichen Freiwilligen möglich.
Das Zentrum bietet Platz für mindestens 120 Personen, aktuell leben dort rund 60 Flüchtlinge. In diesen Tagen wird die Zahl weiter steigern. Es kommen vor allem Frauen mit Kindern, ältere Frauen und Männer wie auch einige wenige jüngere Männer. Vor allem die Kinder schätzen den grossen Garten. Die meisten Personen kamen bislang von Unterkünften in Zürich. Medizinische Hilfe wurde bislang nur von wenigen Personen in Anspruch genommen.
Gemeinden betreuen Geflüchtete
Der TISG setzt alles daran, dass die Geflüchteten so schnell wie möglich ein Zuhause in der Fremde haben. Sie bleiben meistens nur wenige Tage im Zentrum Rosenau, bevor sie in eine Gemeinde umziehen. Die Geflüchteten werden proportional zur Wohnbevölkerung auf die Gemeinden verteilt. Alle Gemeinden werden in den nächsten Wochen Personen aufnehmen. Die Gemeinden können entscheiden, ob sie die Personen bei Privaten unterbringen oder anderweitig Wohnraum zur Verfügung stellen möchten. Die Prüfung von privaten Anbietern ist Sache der Aufnahmegemeinde.
Private können sich bei der Gemeinde melden, wenn sie Wohnraum für Ukraine-Flüchtlinge zur Verfügung stellen möchten. Der TISG empfiehlt den Gemeinden, einen Untermietvertrag abzuschliessen und die Entschädigung darin zu regeln. Dadurch sind die Personen über den TISG haftpflichtversichert. Aktuell werden auf nationaler Ebene zudem unverbindliche Empfehlungen ausgearbeitet. Die Gemeinden können selber entscheiden, wie sie private Anbieter betreuen und begleiten wollen.
Pragmatische schulische Förderung
Von den 350 registrierten Geflüchteten sind rund 100 Personen minderjährig und davon etwa 60 im schulpflichtigen Alter. Jedes Kind hat das Recht auf Schulbildung. Der Kanton möchte sicherstellen, dass die Flüchtlingskinder eine auf ihre Situation passende Förderung erhalten – rücksichtsvoll und stabilisierend. In der ersten Zeit in der Schweiz besteht für ukrainische Kinder noch keine Schulpflicht. Sie sollen sich primär von den belastenden Erlebnissen erholen.
Zuständig für die Beschulung sind die Gemeinden. Die Szenarien gehen von individueller Förderung über die Integration in die Regelklassen bis hin zur Bildung von separaten Klassen. Es stellen sich Fragen nach der Unterrichtssprache und dem Unterrichtsstoff. Schlüssig wäre es mit Blick auf die angestrebte Rückkehr nach nicht zu langer Zeit (Schutzstatus S), dass die Kinder soweit möglich in ihrer Sprache und nach ihrem Lehrplan unterrichtet werden.
Der Kanton unterstützt die Gemeinden auf der koordinativen und fachlichen Ebene. Ein Weiterbildungsangebot für Lehrpersonen im Umgang mit Flüchtlingskindern läuft aktuell an. Der Kanton prüft auch, ob ein Fernunterricht in respektive aus der Ukraine funktioniert. Eine entsprechende Information ist aus dem ukrainischen Bildungsdepartement eingegangen.
Koordiniertes Vorgehen bei Einschulung zum Ziel
Der Kanton will den Gemeinden baldmöglichst weitere Informationen und Unterstützung zur Verfügung stellen. Die kantonale Unterstützung soll interkantonal koordiniert sein. Diese Woche werden Informationen und Empfehlungen aus der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) erhofft, die ihrerseits mit dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) im Austausch steht.
Die Regierung dankt den Lehrpersonen und Schulführungen vor Ort, dass sie nach der Corona-Krise bereits wieder für einen Sondereinsatz bereit sind. Sie bittet um Verständnis, dass für diesen Einsatz zurzeit noch viele Fragen offen sind. Bildungsrat und Bildungsdepartement bemühen sich, die Gemeinden rasch möglichst wirksam unterstützen zu können.
Weitere 60'000 Franken aus dem Lotteriefonds
Die Regierung des Kantons St.Gallen hat weitere 60'000 Franken aus dem Lotteriefonds für Transporte von Hilfsgütern gesprochen. Diese hatten der Kanton und Private gesammelt, die Beteiligung war grösser als angenommen. Zuvor hatte die Regierung bereits 50'000 Franken aus dem Lotteriefonds freigegeben. Weitere Hilfszahlungen sind möglich.