Die Regierung hat einen Projektauftrag zur Revision des Gesetzes über die soziale Sicherung und Integration von Menschen mit Behinderung erteilt. Ein wichtiger Aspekt ist eine Anpassung in der Finanzierung von Angeboten für Menschen mit einer Behinderung. Diese soll stärker auf die Betroffenen und ihr Bedürfnis nach einem selbstbestimmten Leben ausgerichtet werden.
Das Gesetz über die soziale Sicherung und Integration von Menschen mit Behinderung (BehG) trat im Jahr 2013 in Vollzug. Nach neun Jahren ist das Gesetz aufgrund verschiedener Entwicklungen einer ersten umfassenden Revision zu unterziehen. So ratifizierte die Schweiz im Jahr 2014 die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Zudem wurde im Jahr 2018 der erste Wirkungsbericht zum BehG erstellt und im letzten Jahr erneuerte der Kanton letztmals seine Angebotsplanung für erwachsene Menschen mit Behinderung. Mit der Revision soll zudem ein wichtiger Schritt zur Erreichung der Schwerpunktziele der Regierung «Chancengleichheit sicherstellen» und «Strukturentwicklung fördern» gemacht werden.
Drei zentrale Handlungsfelder
Für die Revision ergeben sich drei zentrale Handlungsfelder. Das erste ist das Finanzierungssystem. Mit einer stärkeren Ausrichtung der Finanzierung an den betroffenen Menschen (sogenannte Subjektfinanzierung) kann die Wahlfreiheit gestärkt und ein wichtiger Schritt zur Umsetzung der UN-BRK gemacht werden.
Ein zweites Handlungsfeld ist die Verankerung der rechtlichen Gleichstellung von Menschen mit Behinderung im Kanton St.Gallen, die auch von der UN-BRK gefordert wird. Menschen mit Behinderung haben die gleichen Grundrechte wie Personen ohne Behinderung, im Alltag sieht das aber oftmals anders aus (z.B. bei der barrierefreien Sprache). Da das nationale Behindertengleichstellungsrecht nur gewisse Aspekte abdeckt, sind auch die Kantone in der Umsetzung gefordert. Das kantonale BehG enthält aktuell wenig Ausführungen dazu. Deshalb ist zu prüfen, wie die Umsetzung des Behindertengleichstellungsrechts (und damit auch der UN-BRK) verbessert werden könnte.
Das dritte Handlungsfeld betrifft die familienergänzende Betreuung für kleine Kinder mit Behinderung. Hier soll geklärt werden, ob das aktuelle Angebot dem Bedarf entspricht und ob das Finanzierungssystem zweckmässig ist.
Vermehrt ambulante Angebote
Mit der Gesetzesrevision wird ein erster wichtiger Schritt in Richtung einer verstärkten Subjektfinanzierung gemacht werden. Damit sollen einerseits die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung besser berücksichtigt werden. Anderseits soll auch eine Entwicklung in der Angebotslandschaft angestossen werden, damit vermehrt ambulante Angebote bereitgestellt und genutzt werden.
Einbezug der Anspruchsgruppen und langfristiger Horizont
Für die Umsetzung des Projektes werden alle Anspruchsgruppen angemessen einbezogen. Neben den Betroffenen selbst sind dies vor allem die Einrichtungen für Menschen mit Behinderung sowie die Behindertenorganisationen. Um diesen Einbezug sowie die komplexen Zusammenhänge und den Transformationsprozess bei den Angeboten zu berücksichtigen, ist der Zeitplan für das Projekt langfristig ausgelegt.