Im Jahr 2020 ist die Zahl der Stellensuchenden im Kanton St.Gallen in einem Mass angestiegen wie zuletzt 2009 im Zusammenhang mit der Finanzkrise. Ende Dezember waren es 38 Prozent mehr Stellensuchende als im Vorjahresmonat. Auch die Voranmeldungen zur Kurzarbeit haben zuletzt wieder etwas zugenommen, auf rund 3'000 Betriebe und 40'000 Mitarbeitende. Im Jahresverlauf hatte es weit höhere Zahlen gegeben.
Die Entwicklung der Arbeitslosigkeit im Jahr 2020 war, bedingt durch die Massnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie, im langjährigen Vergleich aussergewöhnlich. Eine mehrjährige Phase sinkender oder gleichbleibender Stellensuchendenzahlen wurde abgelöst durch einen abrupten Anstieg im Frühjahr und weiter steigende Werte im ganzen Jahresverlauf. In den ersten beiden Monaten hatte die Zahl der Stellensuchenden nur leicht über den Vorjahreswerten gelegen. Im Zuge der Beschränkung des Wirtschaftslebens stieg die Zahl der Stellensuchenden im März um 14 Prozent gegenüber dem Vormonat und im April um sieben Prozent, dies in einer Phase, in der die Werte üblicherweise sinken. Entsprechend waren auch die Vorjahresveränderungen ungewöhnlich. Im März lag der Anstieg bei 20 Prozent, im April bei mehr als 30. Ende August lag die Vorjahresveränderung bei 45 Prozent, seither sinkt sie wieder leicht.
Ende Dezember 2020 waren im Kanton St.Gallen 14'334 Stellensuchende bei einem Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum gemeldet. Dies ist ein Anstieg um 366 Personen oder 2,6 Prozent gegenüber Ende November. Im Vergleich zum Jahresende 2019 sind 3'962 oder 38,2 Prozent mehr Stellensuchende auf einem RAV gemeldet. Dieser Anstieg ist etwas höher als in der Gesamtschweiz (34,9%) und im Kanton Thurgau (31,2%).
Keine grossen Unterschiede zwischen den Altersgruppen
Noch im Frühjahr und im Sommer waren die jüngeren Stellensuchenden überdurchschnittlich vom Anstieg betroffen gewesen. Im Juni waren 75 Prozent mehr 15-24-Jährige als im Vorjahr auf einem RAV gemeldet. In der Zwischenzeit hat sich die Entwicklung zwischen den Altersgruppen angeglichen. Ende Dezember 2020 betrug die Zunahme bei den 15-24-Jährigen 42,4 Prozent (+521), bei den 25-49-Jährigen 38,9 Prozent (+2'318) und bei den 50-Jährigen und Älteren 35,2 Prozent (+1'123).
Leichte Unterschiede zwischen den Wahlkreisen
Die Arbeitslosigkeit stieg im Jahr 2020 in allen Wahlkreisen des Kantons stark an. Die Unterschiede sind nicht sehr ausgeprägt. Am wenigsten stark betroffen ist der Wahlkreis Wil mit einem Anstieg um 33,0 Prozent, am höchsten ist die Zunahme im Sarganserland mit 44 Prozent. Dazwischen liegen das Toggenburg (+33,5%), das Werdenberg (+34,3%), die Wahlkreise Rorschach (+38,9%), St.Gallen (+39,3%), See-Gaster (+40,6%) und das Rheintal (+40,7%).
Dienstleistungsbranchen im Jahresvergleich am stärksten betroffen
Die einzelnen Branchen sind von den Massnahmen zur Bekämpfung der Covid19-Pandemie in sehr unterschiedlichem Mass betroffen. So beträgt der Anstieg im Gastgewerbe im Vorjahresvergleich 73,6 Prozent, im Baugewerbe und bei den Finanzdienstleistungen 21,8 Prozent. Generell ist die Zunahme bei den Dienstleistungen mit 42,2 Prozent höher als in der Industrie und im verarbeitenden Gewerbe mit 33,8 Prozent.
Im produzierenden Sektor bildet das Baugewerbe mit seiner eher tiefen Zunahme eine Ausnahme. Die anderen grösseren Branchen weisen einen stärkeren Anstieg aus. Aus der metallverarbeitenden Industrie sind 31,7 Prozent mehr Stellensuchende auf einem RAV gemeldet als vor Jahresfrist. Im Bereich Elektrotechnik, Elektronik, Optik sind es 38,3 Prozent, im Maschinen- und im Fahrzeugbau jeweils etwas über 50 Prozent.
Im Dienstleistungsbereich weisen neben dem bereits erwähnten Gastgewerbe etwa auch die Verkehrs- und Transportbranche (+60,3%) sowie der Kunst-, Sport- und Unterhaltungsbereich (+55,4%) einen Anstieg über dem Mittel des Sektors (+42,2%) auf. Darunter liegen neben der Finanzbranche der Gross- (+30,3%) und der Detailhandel (+38,8%).
Eine detaillierte tabellarische Darstellung der Entwicklung der Arbeitslosigkeit nach soziodemographischen Merkmalen und Branchen steht in den Formaten Excel und PDF zur Verfügung.
Etwas mehr Anträge auf Kurzarbeit aus der Industrie
Die ausserordentlichen Entwicklungen des vergangenen Jahres haben sich auch in den Voranmeldungen zur Kurzarbeit gespiegelt. Diese sind im Frühjahr in sehr kurzer Zeit regelrecht explodiert und erreichten im Juni und im Juli einen Höchststand von über 9'000 meldenden Betrieben und über 100'000 Mitarbeitenden, was damals über einem Drittel aller Beschäftigten im Kanton entsprach. Ein Teil dieser Voranmeldungen hatte vorsorglichen Charakter. Im Frühjahr bezogen die Betriebe für 60-70'000 Mitarbeitende Kurzarbeitsentschädigung, im Sommer dann noch für gegen 20'000 (Juli). Dies spiegelte sich im Herbst in einem Rückgang bei den bewilligten Voranmeldungen.
Aktuell, also für den Januar 2021, sind vom Amt für Wirtschaft und Arbeit Gesuche von rund 3'000 Betrieben für gegen 40'000 Mitarbeitende bewilligt worden. Dies entspricht gut jeder achten beschäftigten Person im Kanton, in der Industrie und im verarbeitenden Gewerbe etwas mehr als jeder sechsten, bei den Dienstleistungen knapp jeder achten.
Relativ zu den Beschäftigten haben im produzierenden Sektor die Textil- und Bekleidungsbranche, das Papier- und Druckgewerbe sowie der Metall- und der Fahrzeugbau jeweils rund 30 Prozent ihrer Mitarbeitenden gemeldet. Bei den Dienstleistungen sticht das Gast- und Hotelleriegewerbe mit mehr als der Hälfte der Beschäftigten heraus. 30 Prozent sind es in der Kunst-, Sport und Unterhaltungsbranche, gegen ein Viertel bei den freiberuflichen, technischen und wissenschaftlichen Dienstleistungen.
Aus den Voranmeldungen zur Kurzarbeit lassen sich nur teilweise Rückschlüsse auf die Höhe der ausbezahlten Kurzarbeitsentschädigung ziehen. Diese Information ist erst mit einigen Monaten Verzögerung verfügbar, wenn die Abrechnungen vorliegen. Eine detaillierte tabellarische Darstellung zur abgerechneten Kurzarbeit bis zum Oktober 2020 liegt in den Formaten Excel und PDF vor.
Der tabellarische Teil dieser Medienmitteilung ist im Statistikportal abgelegt. Weiteres Zahlenmaterial der Fachstelle für Statistik zu den Arbeitslosen und Stellensuchenden ist ebenfalls auf dem kantonalen Statistikportal zu finden.
Die hier von der Fachstelle für Statistik publizierten statistischen Informationen unterstehen dem Statistikgesetz des Kantons St.Gallen (sGS 146.1) und dessen Qualitätskriterien.