Die Stimmberechtigten des Kantons St.Gallen befinden am Abstimmungssonntag vom 29. November 2020 über zwei kantonale Vorlagen. Mit dem Gesetz über die Gewährung von ergänzenden Krediten und Solidarbürgschaften werden Unternehmen in der Coronakrise rasch und gezielt unterstützt. Die zweite Vorlage für die familien- und schulergänzende Kinderbetreuung soll die Basis schaffen, damit der Kanton die Gemeinden im Bereich der Betreuung von Kindern in Kindertagesstätten (Kitas), Horten oder Tagesfamilien finanziell unterstützen kann.
Die Regierung hat im Zuge der Coronapandemie das Programm des Bundes zur finanziellen Unterstützung von Unternehmen ergänzt, und zwar mit einem kantonalen Programm für weiterführende Kredite und Solidarbürgschaften. Der Kantonsrat verabschiedete am 20. Mai 2020 das Gesetz über die Gewährung von ergänzenden Krediten und Solidarbürgschaften.
Ergänzende Liquiditätshilfe des Kantons
Die zusätzliche Liquiditätshilfe knüpft eng an die Mechanismen der COVID-19-Solidarbürgschaftsverordnung des Bundes an. Damit wird der administrative Aufwand für alle Beteiligten so tief wie möglich gehalten. Für die kantonale Unterstützung kommen Unternehmen mit einem jährlichen Umsatzerlös bis 10 Millionen Franken in Frage. Die Unterstützung fokussiert auf kleinere Unternehmen, die durch die Coronakrise in besonderer Weise einem Liquiditätsengpass ausgesetzt sind.
Bei den vorgesehenen Solidarbürgschaften beträgt das Gesamtbürgschaftsvolumen maximal 50 Millionen Franken. Das Gesetz untersteht dem obligatorischen Finanzreferendum.
Die Kredite beziehungsweise Solidarbürgschaften sind nicht mit einem sofortigen Mittelabfluss verbunden. Auszahlungen zu Lasten des Kantons würden erst im Fall von Kreditausfällen erfolgen. Allfällige Bürgschaftsverluste würden dem besonderen Eigenkapital belastet. Die Finanzierung der allfälligen Kreditausfälle aus dem besonderen Eigenkapital führt dazu, dass die Erfolgsrechnung in den kommenden Jahren nicht belastet wird.
Eine Ablehnung des Gesetzes an der Urne hätte mit Blick auf die zugesicherten Solidarbürgschaften keine Folgen, weder für den Kanton noch für die betroffenen Unternehmen. Faktisch handelt es sich somit bei der obligatorischen Volksabstimmung um eine nachträgliche Genehmigung einer dringlich beschlossenen und zeitlich begrenzten Unterstützung. Gesuche konnten nur bis 31. August 2020 eingereicht werden.
Gesetz über Beiträge für die familien- und schulergänzende Kinderbetreuung
Mit dem Gesetz über Beiträge für die familien- und schulergänzende Kinderbetreuung (KBG) möchte der Kanton die Betreuung von Kindern in Kindertagesstätten (Kitas), Horten oder Tagesfamilien finanziell unterstützen. Diese Angebote sind wichtig, da sie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern, Frauen und Männern eine flexiblere Wahl zwischen Erziehungs- und Erwerbsarbeit ermöglichen und auch ein Mittel gegen den Fachkräftemangel sind.
Ein Bericht aus dem Jahr 2018 zeigt, dass es im Kanton St.Gallen im Vergleich mit dem Schweizer Durchschnitt wenig Plätze für die familien- und schulergänzende Kinderbetreuung gibt. Zudem tragen diejenigen Familien, die ein Angebot nutzen, einen grossen Teil der Kosten selber. Der Kantonsrat hat hier Handlungsbedarf erkannt. Als im Rahmen der Kantonalen Umsetzung der Steuer- und AHV-Finanzierung (STAF) eine Erhöhung der Familienzulagen im Kanton St.Gallen beschlossen wurde, erteilte der Kantonsrat der Regierung den folgenden Auftrag: Die zusätzlichen Steuereinnahmen aus den erhöhten Familienzulagen (voraussichtlich fünf Millionen Franken) sollen in die Förderung der familien- und schulergänzenden Kinderbetreuung investiert werden. Das KBG regelt, wie diese Gelder eingesetzt werden. Aufgrund der Höhe des Betrags untersteht das Gesetz dem obligatorischen Finanzreferendum.
Unterstützung über die Gemeinden
Im Kanton sind grundsätzlich die Gemeinden für das Angebot an familien- und schulergänzender Kinderbetreuung zuständig. Das KBG sieht vor, dass der Kanton unter gewissen Voraussetzungen den Gemeinden einen Beitrag an die familien- und schulergänzende Kinderbetreuung ausrichtet. Die Gemeinden setzen die Gelder ein, um die Kosten für diejenigen Familien zu senken, die familien- und schulergänzende Kinderbetreuung nutzen. Die Höhe des Kantonsbeitrags für eine Gemeinde ergibt sich aufgrund der Anzahl der Kinder im Alter von null bis zwölf Jahren in der Gemeinde.
Das vorgeschlagene Gesetz ermöglicht eine einfache und zweckmässige Verteilung der Kantonsbeiträge. Diese werden somit vollständig und flächendeckend eingesetzt. Bei einer Zustimmung der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger können die zusätzlichen Beiträge des Kantons bereits im Jahr 2021 an die Gemeinden ausbezahlt werden.
Der Kantonsrat und die Regierung empfehlen, die beiden Vorlagen zu unterstützen. Der Kantonsrat hatte beide Vorlagen mit grossem Mehr verabschiedet.