Das Schweizer Familienunternehmen Solviva AG möchte in Zusammenarbeit mit dem Kantonsspital St.Gallen den Spitalstandort Flawil zum Ostschweizer Therapiezentrum weiterentwickeln. Dabei prüft das Schweizer Paraplegiker-Zentrum, ob ein ambulanter Standort für die spezielle Betreuung von Querschnittgelähmten in Flawil aufgebaut werden könnte. Die Gemeinde Flawil und die Regierung des Kantons St.Gallen unterstützen das Vorhaben. Die Beteiligten haben der Unterzeichnung einer entsprechenden Absichtserklärung zugestimmt.
Die Regierung des Kantons St.Gallen möchte die akutstationäre Versorgung auf die vier Standorte St.Gallen, Grabs, Uznach und Wil konzentrieren. Der Spitalstandort Flawil soll in ein ambulantes Gesundheits- und Notfallzentrum (GNZ) mit einem auf den regionalen Bedarf abgestimmten Angebot umgewandelt werden. Der Kantonsrat hat die Vorlage in erster Lesung in der Septembersession beraten und der Umwandlung zugestimmt.
In Ergänzung zur gesundheitlichen Grundversorgung der Bevölkerung bietet sich nun die Weiterentwicklung zu einem Ostschweizer Therapiezentrum an. So wäre der Verkauf der Spitalliegenschaft an die Solviva AG möglich. Die Solviva AG plant, baut und betreibt in der Schweiz mehrere Gesundheits-, Pflege- und Wohnzentren für Menschen in verschiedenen Lebenssituationen und ist auch als Partner zur Weiterentwicklung des Standortes Wattwil vorgesehen.
Ambulanter Standort in der Ostschweiz schliesst Angebotslücke
Die Schweizer Paraplegiker-Stiftung verfolgt das strategische Ziel, den querschnittgelähmten Personen eine wohnortsnahe und bedarfsgerechte ambulante Versorgung anzubieten. Diesbezüglich herrscht in der Ostschweiz Brachland. Ein ambulantes Behandlungszentrum im Kanton St. Gallen wäre daher wünschenswert.
Erste grobe Vorabklärungen haben ergeben, dass sich Flawil für einen dritten ambulanten Aussenstandort des Paraplegiker-Zentrums eignen könnte. Hier würden Fachleute querschnittgelähmte Personen ambulant behandeln. Zudem würde das Paraplegiker-Zentrum diagnostische, medizinische und therapeutische Leistungen anbieten. Das Schweizer Paraplegiker-Zentrum betreibt bereits in Bellinzona und Lausanne ambulante Aussenstandorte.
Zusammen könnten Solviva und das Paraplegiker-Zentrum zudem kurze stationäre (bis rund vierwöchige) Aufenthalte für Querschnittgelähmte, zu beatmende Personen und weitere Personengruppen anbieten. Dies für Patientinnen und Patienten, die vorübergehend oder periodisch therapeutische Behandlung benötigen oder deren Betreuungsumfeld beziehungsweise deren Angehörige entlastet werden müssen.
Mit dem Angebot des Paraplegiker-Zentrums könnte die Schweizer Paraplegiker-Stiftung in der Ostschweiz eine Angebotslücke zugunsten der Betroffenen und ihrer Angehöriger schliessen. Mit dem Angebot «ParaHelp» beispielsweise unterstützt die Stiftung querschnittgelähmte Personen, die neue Lebenssituation zu bewältigen gemäss der Philosophie «lebenslang». Zusammen mit den Betroffenen, ihren Angehörigen und Fachkräften entwickeln die Fachpersonen der Stiftung individuelle Lösungen für die Herausforderungen des Alltags. Sie helfen mit, lähmungsbedingte Komplikationen zu vermeiden, die Wohnsituation zu optimieren, möglichst wieder in den Arbeitsalltag einsteigen zu können und eine grösstmögliche Selbstständigkeit zu erlangen.
Kantonsspital St.Gallen hilft beim Aufbau mit
Wird das Zentrum Solviva-Flawil realisiert, ist das Kantonsspital St.Gallen gegen eine kostendeckende Entschädigung des Kantons bereit, in einer Mietlösung ein akutstationäres Angebot im Bereich Palliative Care und Schmerztherapie im Umfang von 15 Betten während fünf Jahren weiterzubetreiben. Damit ist in der Anfangs- und Aufbauphase des Zentrums Solviva-Flawil eine Grundauslastung gewährleistet. Abhängig von der Konzeption des Gesundheits- und Notfallzentrums Flawil, dem daraus folgenden Bedarf an ambulanten Leistungen und einer allfälligen, von niedergelassenen Leistungserbringern nicht gedeckten Angebotslücke erklärt sich das Kantonsspital St.Gallen zudem bereit, subsidiär ein angepasstes Angebot von ambulanten Leistungen in Flawil weiterzuführen.
Gemeinde und Kanton unterstützten das Vorhaben
Die Regierung des Kantons St.Gallen, die Solviva AG und die Gemeinde Flawil sind zum Schluss gekommen, dass diese Weiterentwicklung eine zukunftsfähige Lösung für den Standort Flawil darstellt – nicht nur medizinisch, sondern auch aus wirtschaftlichen Überlegungen: Hochqualifizierte Arbeitskräfte würden in Flawil Arbeitsplätze vorfinden und auch das lokale Gewerbe würde vom Therapiezentrum in Flawil profitieren.
Die beteiligten Akteure werden die Arbeiten nun weiter vertiefen. Bis Ende 2020 werden sie die verschiedenen Leistungsangebote im Detail konzipieren. Das Schweizer Paraplegiker-Zentrum wird vorerst eine eingehende Prüfung vornehmen und das Angebot mit den Spitalstandorten Flawil und Wattwil koordinieren. Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels gilt es abzuklären, welche Kompetenzen wo und wie eingesetzt werden können. Es dürfen keine Doppelspurigkeiten entstehen. Ein weiterer ambulanter Aussenstandort der Schweizer Paraplegiker-Gruppe muss die Vorgaben der Nachhaltigkeit, Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit erfüllen.
Bereits im Oktober soll in einem von der Gemeinde Flawil und der Solviva AG organisierten Workshop mit den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten sowie dem Kantonsspital St.Gallen der Kick-off für die Ausgestaltung des Gesundheits- und Notfallzentrums erfolgen.