Meistens sorgen rassistische oder diskriminierende Vorfälle nicht für Schlagzeilen, belasten die Betroffenen aber und schaden dem gesellschaftlichen Klima. Das Projekt «Kanton St.Gallen gegen Rassismus» des Departementes des Innern lädt mit Plakaten, Veranstaltungen und Online-Interaktionen zum Erfahrungsaustausch ein. Regierungsrätin Laura Bucher will im Gespräch mit verschiedenen Bevölkerungsgruppen problematische Situationen im Alltag aufspüren. Erstmals hat dies am Mittwochabend in Rheineck stattgefunden. Auf dieser Form des Dialogs aufbauend sollen in Zukunft weitere Massnahmen folgen.
Diskriminierung und Rassismus können in allen Lebensbereichen stattfinden, sei es im Beruf oder in der Freizeit, etwa im Sportverein. Um mehr über solche Alltagssituationen zu erfahren und sich mit den Leuten darüber auszutauschen, wird Regierungsrätin Laura Bucher, Vorsteherin des Departementes des Innern, in diesem Jahr im Rahmen des Projekts «Kanton St.Gallen gegen Rassismus» verschiedene Vereine und Arbeitsorte besuchen. Start war gestern Mittwochabend, 1. Juli 2020, bei den D-Junioren des FC Rheineck. Neben einer Reihe solcher Begegnungen will das Projekt des Amts für Soziales mit Plakaten und der Möglichkeit des Erfahrungsaustausches über eine Online-Plattform auch ein breites Publikum zum Mitdiskutieren und Mitdenken animieren.
Sport als Übungsfeld für das Zusammenleben
Im FC Rheineck kommen ähnlich wie in anderen Vereinen Menschen unterschiedlicher Herkunft zusammen. Leitende Werte des Vereins sind Freundschaft, Respekt und Offenheit gegenüber anderen. So spielen einige Jugendliche aus dem nahe gelegenen Internat für unbegleitete Minderjährige Marienburg Thal beim FC Rheineck. Ziel dieser Besuche von Laura Bucher in Begleitung von Fachleuten des Amtes für Soziales ist es, Erkenntnisse über die tatsächlichen Probleme im Zusammenleben zwischen unterschiedlichen Kulturen zu gewinnen und gleichzeitig auch Lösungsansätze dafür zu erkennen. Laura Bucher erkundigte sich im Gespräch mit den Junioren des FC Rheineck sowie dem Juniorenobmann Michael Bartsch und Stadtpräsident Urs Müller nach persönlichen Erfahrungen mit Rassismus und Diskriminierung im Alltag oder im Sport. Ebenfalls diskutiert wurden sinnvolle Lösungsansätze. In den Gesprächen wurde betont, dass es wichtig sei, bei Vorfällen unmittelbar zu reagieren. Dazu brauche es freilich oft Zivilcourage. Als ein möglicher Problembereich wurde zudem die Chancengleichheit bei der Lehrstellensuche erwähnt. Trotz allem zeigte sich, dass sich auch die Jugendlichen mit Migrationshintergrund in der Schweiz gut aufgenommen fühlten.
Plakatkampagne in den Gemeinden
Mit Sprech- und Gedankenblasen machen Plakate kantonsweit auf Erfahrungen im Alltag aufmerksam, die von Betroffenen als diskriminierend oder rassistisch wahrgenommen werden können. Sie sollen die Leserin oder den Leser zum Nachdenken und zu einem Perspektivenwechsel anregen, wenn etwa jemand aufgrund seines Äusseren auf Hochdeutsch angesprochen wird: Habe ich das auch mal gesagt? Wie fühlen sich Betroffene bei bestimmten Fragen und weshalb werden diese Gefühle ausgelöst?
Die Plakate fordern auf, über Rassismuserfahrungen im Alltag zu sprechen und einander zuzuhören. Sie sind gesammelt online verfügbar. Zudem können auf der begleitenden Website gegenrassismus.sg.ch Betroffene ihre Rassismus- oder Diskriminierungserfahrungen aus dem Alltag der kantonalen Integrationsstelle anonymisiert mitteilen. Diese Rückmeldungen werden ausgewertet und dienen dazu, in Zukunft bei der Prävention von Rassismus und Diskriminierung dort anzusetzen, wo wirklich konkrete Massnahmen nötig sind. Die aktuellen Debatten über Rassismus zeigen zwar grundsätzlich die Brisanz dieser Aspekte, gleichzeitig fehlen konkrete Informationen, die Art und Umfang der Probleme im Kanton St.Gallen aufzuzeigen.
Anstelle der abgesagten Aktionstage
Die im Departement des Innern angesiedelte kantonale Integrationsförderung lanciert jeweils im März die Aktionstage gegen Rassismus, bei denen Gruppen und Einzelpersonen zur Organisation von Veranstaltungen gegen Rassismus animiert und dabei finanziell unterstützt werden. Das Ziel dieser Aktionen ist es, das friedliche Zusammenleben der hier lebenden Menschen und damit die gesellschaftliche Stabilität zu sichern. Aufgrund der Corona-Pandemie mussten die in diesem Rahmen stattfindenden zahlreichen Veranstaltungen im ganzen Kanton abgesagt werden. Mit dem Projekt «Kanton St.Gallen gegen Rassismus» werden die entsprechenden Aktivitäten nun in geänderter Form nachgeholt. Weil die Integration immer vor Ort in den Gemeinden geschieht, wird das Projekt von zahlreichen Gemeinden in allen Regionen des Kantons unterstützt.