Seit Jahrzehnten liegt die Ammoniak-Konzentration in der Luft weit über dem Sollwert. Davon sind auch Naturschutzgebiete stark betroffen.
Der aktuelle Jahresbericht 2019 von OSTLUFT zeigt, dass die Ammoniak-Konzentration und damit verbunden die Stickstoffdüngung aus der Luft immer noch viel zu hoch ist. Naturschutzgebiete im OSTLUFT-Gebiet wurden 2019 intensiver als bisher untersucht. Dabei liegt die Mehrheit der Messwerte in Mooren, Wäldern und Trockenwiesen über dem Critical Load für Stickstoffeinträge aus der Luft (siehe Box). So wurde zum Beispiel im Moor Bannriet bei Altstätten der Critical Load für Flachmoore mehrfach überschritten. Der Standort gehört zu den zwanzig Prozent der am stärksten mit Ammoniak belasteten Messstandorte der Schweiz.
Biodiversität wird geschädigt
Ammoniak wirkt als stickstoffhaltiger Dünger. Es gilt als ein Haupttreiber des Biodiversitätsverlusts in der Schweiz. Die Düngung aus der Luft schadet vielen seltenen Pflanzen, wie etwa den Orchideen, wodurch die Vielfalt der Arten abnimmt. Am verletzlichsten sind die Pflanzen der Hochmoore. Sie beziehen ihre Nährstoffe nicht aus dem Boden, sondern vor allem aus dem Regenwasser und aus der Luft. Auch Wälder leiden unter zu viel Stickstoffdüngung aus der Luft. Sie werden anfällig auf Windwurf und Trockenheit. Zudem breiten sich Brombeerteppiche aus, was die Verjüngung des Waldes behindert .
Auswirkungen auf die Gesundheit
Ammoniak verstärkt die Bildung von Feinstaub, der zu Reizungen und chronischen Entzündungen der Atemwege führen kann. Ebenso kann sich Feinstaub auf das Herz-Kreislaufsystem auswirken und das Risiko von Herzinfarkt oder Hirnschlag erhöhen. Zwar ist die Feinstaubbelastung in der Ostschweiz in den letzten Jahren gesunken (siehe Box): Mit einer Reduktion des Ammoniaks wären die Werte noch besser.
Landwirtschaft ist Hauptverursacher
Das Ammoniak stammt hauptsächlich aus der Landwirtschaft. Es entweicht beim Ausbringen von Gülle oder aus Ställen. Im direkten Umfeld grosser Tierhaltungsbetriebe wurden die höchsten Ammoniak-Konzentrationen gemessen. Die Messungen in den Naturschutzgebieten zeigen auch, dass sich Ammoniak regional zum Teil weiträumig verteilt und alle empfindlichen Ökosysteme betroffen sein können.
Massnahmen zur Ammoniak-Verminderung
Für eine gesunde und umweltschonende Luftqualität müssen die Stickstoffüberschüsse nachhaltig verringert werden. Die Erstellung von emissionsarmen Rindviehställen wird durch Investitionsbeiträge von Bund und Kantone gefördert. Der Einsatz von emissionsarmen Ausbringtechniken für den Hofdünger wird bisher mit Ressourceneffizienzbeiträgen unterstützt. Ab dem Jahr 2022 werden diese Techniken obligatorisch. Mit Ressourceneffizienzbeiträgen wird die Fütterung mit weniger Soja gefördert. Mit weniger Eiweissen in den Futtermitteln können der Stickstoffüberschuss und damit auch die Ammoniakemissionen in der Schweiz reduziert werden. Konsumentinnen und Konsumenten können mit einer bewussten, gesundheits- und umweltschonenden Ernährung die Massnahmen zur Minderung der Ammoniakbelastung unterstützen.
Critical Levels und Critical Loads gleichbedeutend mit Grenzwerten
Um den Empfindlichkeiten der verschiedenen Ökosysteme auf Ammoniak- und Stickstoffeinträge gerecht zu werden, erfolgt die Beurteilung nicht mit allgemeinen Grenzwerten aus der Luftreinhalte-Verordnung, sondern schutzobjektbezogen mittels der sogenannten Critical Levels und Critical Loads. Sie sind ein Mass für die Empfindlichkeit von Ökosystemen gegenüber irreversiblen Schäden. Der Critical Level für Ammoniak legt fest, ab welcher Ammoniak-Konzentration in der Luft direkte schädliche Auswirkungen entstehen. Der Critical Load für Stickstoff ist ein Mass dafür, ab wann die Einträge von düngewirksamem Stickstoff aus der Luft insgesamt ein Ökosystem dauerhaft schädigen. Dazu trägt Ammoniak auch einen grossen Teil bei.
Good News: Luft wird generell sauberer
Die Belastung der Luft durch Schadstoffe hat 2019 im Allgemeinen weiter abgenommen. An den meisten Standorten der Ostschweiz sind die Jahresmittelwerte von Stickstoffdioxid (NO2), Feinstaub (PM10, PM2.5) und Russ die tiefsten seit Messbeginn. Allerdings werden die Grenzwerte an stark verkehrsbelasteten Standorten immer noch überschritten. Ebenso ist die Ozonbelastung (O3) bei Sommersmog weiterhin grossflächig deutlich zu hoch. Sie ging aber gegenüber dem Hitzesommer 2018 zurück.