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Publiziert am 04.05.2020 08:36 im Bereich Allgemein
Religionsgemeinschaften

Gemäss einer Umfrage des Departementes des Innern leisten die Religionsgemeinschaften im Kanton St.Gallen trotz Coronavirus-Restriktionen einen wichtigen Beitrag zum seelischen Wohlbefinden ihrer Mitglieder und damit auch an der ganzen Gesellschaft. Die Kommunikation mit den Behörden und einzelnen Spitälern und Heimen habe sich nach anfänglichen Schwierigkeiten verbessert, wenngleich einige Fragen noch offen sind. Das Versammlungsverbot führt zu starken Einschränkungen in der Ausübung der Religion und bei der Seelsorge. Die kleineren Religionsgemeinschaften sind durch das Versammlungsverbot mit Einnahmeausfällen konfrontiert.

Das Departement des Innern führte im Rahmen der jüngsten Sitzung der St.Galler Konferenz zu Fragen von Religion und Staat eine Kurzumfrage zu den Auswirkungen der Pandemie-Massnahmen auf die Religionsgemeinschaften im Kanton St.Gallen durch. Die Auswirkungen wurden in einer Videokonferenz eingehend besprochen. An der Konferenz nehmen öffentlich-rechtlich anerkannte und privatrechtliche Religionsgemeinschaften teil, nämlich die Jüdische Gemeinde St.Gallen, der DIGO Dachverband Islamischer Gemeinden der Ostschweiz und des Fürstentums Liechtenstein, die Christkatholische Kirchgemeinde St.Gallen, das Bistum St.Gallen, der Katholische Konfesssionsteil des Kantons St.Gallen, die Evang.-reformierte Kirche des Kantons St.Gallen, die Evangelische Allianz St.Gallen sowie die Serbisch-orthodoxe Kirchgemeinde St.Gallen.

Auf seelische Bedürfnisse achten

Im Gespräch zeigte sich, dass die Religionsgemeinschaften die Pandemie-Massnahmen konsequent umsetzen und die Bevölkerung auf sehr vielfältige Weise in dieser schwierigen Zeit sowohl geistlich als auch sozial unterstützen. Gottesdienste werden über elektronische Medien übertragen, es werden vermehrt Textbeiträge verfasst und an die Mitglieder verschickt und zudem stehen Seelsorgerinnen und Seelsorger für persönliche Gespräche insbesondere via Telefon zur Verfügung. Regierungsrat Martin Klöti anerkannte diese Leistungen und hielt fest, dass gerade in diesen schwierigen Zeiten, in denen die Menschen auch mit Sorgen und Ängsten in die Zukunft blickten, das Engagement der Religionsgemeinschaften Trost und Zuversicht spende. Die seelsorgerischen Leistungen der Religionsgemeinschaften seien für die ganze Gesellschaft von Bedeutung und verdienten deshalb eine grosse Anerkennung von Seiten des Staates. Denn neben der physischen Gesundheit, müsse der Staat auch auf die seelischen Bedürfnisse der Bevölkerung achten.

Generell ist festzustellen, dass die Religionsgemeinschaften in sehr kurzer Zeit ihr Angebot, wie zum Beispiel das gemeinsame Gebet oder Beratungen, auf primär internetbasierende Formen umgestellt haben. Die Palette der eingesetzten technischen Hilfsmittel ist mittlerweile breit. Während beispielsweise aus der Kathedrale in St.Gallen professionell hergestellte Gottesdienst-Sendungen beziehungsweise Streams produziert werden, wenden andere günstigere Formen an. So stellt die Islamische Gemeinschaft in Wil eine Smartphone-App zur Verfügung, über die der Imam via Push-Mitteilungen die Mitglieder während des Fastenmonats Ramadan zum gemeinsamen Gebet oder zu Referaten und Diskussionen einladen kann. Auch der dortige Religionsunterricht für Schülerinnen und Schüler erfolgt teilweise über Videokonferenz. Die Mehrkosten für den Einsatz der technischen Hilfsmittel sind sehr unterschiedlich. Die Religionsgemeinschaften bezeichnen denn weniger die finanzielle Komponente als Problem, als vielmehr das Wissen um die richtigen Kommunikationskanäle und deren Installation. Hier konnte im Rahmen der Konferenz ein Wissensaustausch zwischen den verschiedenen Gemeinschaften gestartet werden, der insofern sinnvoll ist, weil das vom Bundesrat angeordnete Verbot von öffentlichen Gottesdiensten mindestens bis Anfang Juni andauern dürfte.

Kommunikation hat sich verbessert

Die Umfrage zeigt ferner, dass alle Religionsgemeinschaften stark von den Pandemie-Massnahmen betroffen sind. Das Versammlungsverbot schränkt die gemeinsame Ausübung der Religion in Form von Gottesdiensten oder gemeinsamen Gebeten stark ein. Nur vereinzelt wird eine Benachteiligung von Religionsgemeinschaften gegenüber anderen Teilen des öffentlichen Lebens (z.B. Detailhandel) offen beklagt, mehrheitlich unterstützen die Religionsgemeinschaften bei allem Bedauern die erkennbare Priorisierung des Gesundheitsschutzes vor der Lockerung der Massnahmen. Während zum Zeitpunkt der Umfrage (vor rund zwei Wochen) noch erhebliche Mängel in der Kommunikation zwischen Spitälern sowie Heimen und den Religionsgemeinschaften konstatiert worden ist, habe sich die Situation mittlerweile stark verbessert. Es werden individuelle Verbesserungen oder Unterstützungen gewünscht, etwa beim Einrichten von «Plauderboxen» in Heimen oder bei der Verwendung von sozialen Medien in der Seelsorge für ältere Menschen.

Im Falle von Abdankungen stellen die Religionsgemeinschaften einen Klärungsbedarf bei den geltenden Coronavirus-Bestimmungen fest – etwa bei den Bestimmungen zur Benutzung der Friedhofskapellen, und bei der Frage, wer während einer Abdankung konkret für die Einhaltung der verschiedenen Bestimmungen zuständig ist. Entsprechende Abklärungen wurden im Nachgang zur Konferenz in die Wege geleitet. Generell ist es ein Anliegen aller Religionsgemeinschaften im Hinblick auf die Pandemie-Massnahmen frühzeitig informiert und einbezogen zu werden.

Unterschiedliche finanzielle Auswirkungen

In finanzieller Hinsicht sind unterschiedlich starke Auswirkungen feststellbar. So sind private Religionsgemeinschaften wie die Freikirchen oder die Serbisch-Orthodoxe Kirchgemeinde St.Gallen mit fehlenden Spendeneinnahmen aus den Gottesdiensten konfrontiert, die für sie eine wichtige Einnahmequelle darstellen. Die öffentlich-rechtlich anerkannten Religionsgemeinschaften, wie zum Beispiel die Katholische und Evangelisch-reformierte Kirche, sind zwar über Kirchensteuern finanziert, leiden aber ebenfalls an Einnahmeausfällen beispielsweise bei kirchlich geprägten Kulturangeboten, wie der Stiftsbibliothek St.Gallen. Auch die Hilfswerke und Organisationen, die auf Kollekten angewiesen sind, sind davon betroffen.

Im Rahmen der «St.Galler Konferenz zu Fragen von Religion und Staat» treffen sich mehrmals jährlich Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Religionen und Konfessionen sowie des Kantons. Diese will konkrete Fragestellungen rund um das Verhältnis von Religion und Staat diskutieren, mit dem Ziel, früh die verschiedenen Positionen zu kennen und Missverständnissen vorzubeugen.

Aktuell sind folgende Personen in der Konferenz vertreten: Regierungsrat Martin Klöti (Kanton St.Gallen), Imam Bekim Alimi (DIGO Dachverband Islamischer Gemeinden der Ostschweiz und des Fürstentums Liechtenstein), Batja Guggenheim und Rabbiner Tovia Ben-Chorin (Jüdische Gemeinde St.Gallen), Myrtha Gabler und Pfarrer Daniel Konrad (Christkatholische Kirchgemeinde St.Gallen), Claudius Luterbacher und Franz Kreissl (Bistum St.Gallen), Raphael Kühne (Katholischer Konfesssionsteil des Kantons St.Gallen), Pfarrer Martin Schmidt und Pfarrer Heinz Fäh (Evang.-reformierte Kirche des Kantons St.Gallen), Pastor Gust Ledergerber (Evangelische Allianz St.Gallen), Pfarrer Brane Saric (Serbisch-orthodoxe Kirchgemeinde St.Gallen).

Alle zwei Jahre führt die Konferenz eine öffentliche Veranstaltung durch; zuletzt war dies 2019 der Fall. Die entsprechenden Beiträge zur Rolle der Frau in den Religionsgemeinschaften sind mittlerweile als Broschüre erschienen und auch per folgendem Link abrufbar:
Broschüre öffentliche Konferenz 2019