Zum ersten Mal in der Schweizer Gesundheitspolitik möchten fünf Kantone bei der Planung der kantonalen Gesundheitsversorgung zusammenspannen. Appenzell Innerrhoden, Glarus, Graubünden, Appenzell Ausserrhoden und St.Gallen wollen die Planung der Bereiche Akutsomatik, Rehabilitation und Psychiatrie gemeinsam angehen. Sie haben dazu heute in Rapperswil-Jona eine Absichtserklärung unterzeichnet.
Mit der Absichtserklärung unterstreichen die Kantone ihren Willen, eine gemeinsame Spitalplanung im stationären Angebot zu erreichen. Im Mittelpunkt der Planung steht der Versorgungsbedarf und die Versorgungssicherheit der Bevölkerung. Eine qualitativ hochstehende Grundversorgung muss sichergestellt sein. Ziel ist es, die Spitallisten der einzelnen Kantone einander anzugleichen, im Idealfall bestehen – dort wo geografisch sinnvoll – gar gleichlautende Spitallisten. Somit könnten die Kantone Planungssynergien nutzen und Voraussetzungen schaffen, um den Anstieg der Gesundheitskosten zu dämpfen, was schliesslich den Prämienzahlerinnen und Prämienzahlern zugutekäme.
Kantone wollen Über-, Unter- und Fehlversorgung vermeiden
Es ist für die Kantone deshalb klar, dass die interkantonale Zusammenarbeit zu keiner medizinischen Über-, Unter- und Fehlversorgung der Bevölkerung führen darf. Ebenso sind sie sich einig, dass die Gesundheitseinrichtungen nicht auf einzelne Kantone konzentriert werden sollen, sondern die Versorgungsinstitutionen im gesamten Gebiet angemessen verteilt sein müssen. Die unterzeichnenden Kantone sind überzeugt, mit einer koordinierten Spitalplanung zu besseren Versorgungsergebnissen für die Patientinnen und Patienten zu gelangen.
Gleiche Kriterien für Aufnahme auf Spitalliste
Die Kantone möchten dies erreichen, indem sie die Bedarfsanalyse gemeinsam durchführen respektive den Versorgungsbericht gemeinsam erstellen. Zudem wollen sie einheitliche, verbindliche und transparente Kriterien erarbeiten und anwenden, wenn es darum geht, welche Leistungsaufträge an welche Anbieterinnen und Anbieter vergeben werden, respektive welche Institutionen mit welchen Leistungsaufträgen auf die Spitalliste aufgenommen werden sollen. Zu den Kriterien gehören beispielsweise Vorgaben zur Erreichbarkeit, Vorgaben an Ausbildungsplätze, Anforderungen an die Qualität und die Wirtschaftlichkeit oder Mindestfallzahlen in spezialisierten Bereichen. Schliesslich wollen die Kantone auch einen koordinierten Strukturbericht erstellen.
Projektarbeit startet sofort
Damit die Arbeiten zügig angegangen werden können, setzen die Kantone eine Projektorganisation ein. Diese wird durch die Gesundheitsdirektorinnen und Gesundheitsdirektoren der fünf Kantone geführt. Das operative Projektteam wiederum setzt sich aus verschiedenen Mitgliedern der Teilnehmerkantone zusammen. Eine externe Fachperson leitet das Projektteam.
Das Projektteam prüft in einem ersten Schritt anhand einer Modellplanung die Auswirkungen der gemeinsamen Planung auf verschiedene Kriterien. Dazu gehören die Qualität und Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringer, die Versorgungssicherheit oder die Sicherstellung des medizinisch-technischen Fortschritts. Ausserdem prüft das Projektteam, in welcher Form und zu welchem Zeitpunkt allfällige weitere benachbarte Kantone einbezogen werden könnten. Erkenntnisse aus der Modellplanung erwarten die fünf Kantone in zwei Jahren.
Auswirkungen auf kantonale Projekte
Im Kanton St.Gallen führt die Regierung das Projekt «Weiterentwicklung der Strategie der St.Galler Spitalverbunde: Leistungs- und Strukturentwicklung». Die erste Lesung im Kantonsrat findet dazu in der Aprilsession 2020 statt. Das Projekt der gemeinsamen interkantonalen Planung der stationären Gesundheitsversorgung läuft seit geraumer Zeit. Beide Projekte laufen parallel und unterstützen sich.
Im Kanton Graubünden wiederum läuft zurzeit eine Revision des Krankenpflegegesetzes in Bezug auf die Schaffung von einheitlichen Gesundheitsversorgungsregionen in den Bereichen Akutsomatik, Alter- und Pflegeheime sowie Spitex. Behandelt wird darin auch die Schaffung von Gesundheitsversorgungszentren. Die Vorlage soll im August 2020 dem Bündner Grossen Rat vorgelegt werden.