Die Regierung hat den Aufgaben- und Finanzplan 2021-2023 sowie den Bericht Langfristige Finanzperspektiven 2019 verabschiedet. In den kommenden Jahren zeichnet sich eine wesentliche Verschlechterung der Haushaltssituation ab. Der Kanton sieht sich weiterhin mit einem starken Wachstum bei den Staatsbeiträgen konfrontiert. Vollständig wirksam werden nun die Ertragsausfälle aus der Umset-zung der Steuerreform sowie der Reformen bei Bundesfinanzausgleich. Dank der Stärkung der Eigenkapitalbasis in den letzten Jahren sind diese Herausforderun-gen aus Sicht der Regierung jedoch zu bewältigen.
Im Aufgaben- und Finanzplan (AFP) weist die Regierung jeweils aus, mit welchen Aufwendungen und Erträgen für die bestehenden Staatsaufgaben zu rechnen ist und welches die finanziellen Folgen der geplanten Gesetzes- und Grossvorhaben sind. Der Aufgaben- und Finanzplan dient der Regierung und dem Kantonsrat als finanzpolitisches Planungsinstrument. Der von der Regierung verabschiedete Aufgaben- und Finanzplan für die Jahre 2021 bis 2023 weist Defizite in der Höhe von rund 129 Millionen Franken für das Jahr 2021, knapp 143 Millionen für das Jahr 2022 sowie rund 136 Millionen Franken für das Jahr 2023 aus. Klammert man die Bezüge aus dem besonderen Eigenkapital aus, rechnet die Regierung mit operativen Defiziten von 159,8 Millionen Franken (2021), 173,5 Millionen Franken (2022) und 167 Millionen Franken (2023).
Zugrunde liegen diesen Berechnungen Steuererträge, die auf einem unveränderten Staatssteuerfuss von 115 Prozent basieren und die sämtliche finanziellen Auswirkungen der kantonalen Umsetzung der Steuervorlage und AHV-Finanzierung (STAF) berücksichtigen. Für den Kanton ergeben sich bei den Steuern Mindereinnahmen von insgesamt knapp 68 Millionen Franken. Diese entfalten ihre volle Wirkung ab dem Planjahr 2021.
Weiter sind die Effekte der Reform des Bundesfinanzausgleichs und die damit verbundenen finanziellen Auswirkungen aus dem Strukturierten Dialog, die Entlastungen aus dem Projekt «Umsetzungsagenda Finanzperspektiven» und die finanziellen Auswirkungen aus der Vernehmlassungsvorlage «Weiterentwicklung der Strategie der St.Galler Spitalverbunde» enthalten. Zudem sind in allen drei Planjahren Bezüge aus dem besonderen Eigenkapital von je 30,6 Millionen Franken vorgesehen. Schliesslich ist in den Planjahren 2021 bis 2023 eine Gewinnausschüttung der Schweizerischen Nationalbank von durchschnittlich knapp 49 Millionen Franken eingeplant.
Hohe Dynamik bei den Staatsbeiträgen
Die Staatsbeiträge weisen unverändert eine hohe Dynamik auf. Sie nehmen jährlich um 2,1 Prozent zu. Der Anstieg bis ins Planjahr 2023 beläuft sich auf knapp 147 Millionen Franken. Zieht man die Beiträge von Bund, Kantonen und Gemeinden ab, liegt der Anstieg der Staatsbeiträge netto bei 95,7 Millionen Franken. Die Hauptgründe für diesen Anstieg liegen in der Zunahme der Beiträge für inner- und ausserkantonale Hospitalisationen, der Zunahme der Ergänzungsleistungen, der Beiträge an Behinderteninstitutionen, der Beiträge an die Universität St.Gallen und an die Fachhochschulen sowie den individuellen Prämienverbilligungen. Zudem nimmt der Abschreibungsaufwand stark zu. Dies liegt hauptsächlich an den höheren Abschreibungen der beschlossenen Hochbauvorhaben, welche ihre Wirkung ab dem Jahr 2021 entfalten.
Staatsquote stabilisiert sich
Das durchschnittliche jährliche Wachstum des bereinigten Aufwands liegt in den Jahren 2021 bis 2023 bei 1,5 Prozent. Das entspricht den neuesten Prognosen des Staatssekretariats für Wirtschaft sowie der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich für das BIP-Wachstum der Jahre 2020 und 2021. Nach einem Anstieg der Staatsquote im Budget 2020 geht die Regierung für die Planjahre 2021 bis 2023 somit insgesamt von einer stabilen Staatsquote aus.
Schwankende Nettoinvestitionen mit Sondereffekten
Die Nettoinvestitionen steigen in den Planjahren 2021 und 2022 um rund 30 Millionen Franken an und reduzieren sich danach im Planjahr 2023 wieder auf 301 Millionen Franken. Der Zunahme bei den Hochbauten stehen schwankende Nettoinvestitionen bei den technischen Einrichtungen und eine Abnahme der Investitionsbeiträge gegenüber. Die Vorgaben des Kantonsrates zum Investitionsplafond werden eingehalten. Der gemäss Vernehmlassungsvorlage «Weiterentwicklung der Strategie der St.Galler Spitalverbunde» vorgesehene Sanierungsbeitrag an den Spitalverbund 4 und damit die Erhöhung des Dotationskapitals um 70 Millionen Franken ist in den Planjahren 2021 und 2022 der Investitionsrechnung abgebildet.
Solides Eigenkapital zur Bewältigung
Nach einer Konsolidierung des Kantonshaushaltes bis zum Budget 2020 zeichnet sich mit der Finanzplanung der Jahre 2021 bis 2023 eine wesentliche Verschlechterung der Haushaltssituation ab. Hauptgründe dafür sind die geplanten finanziellen Auswirkungen der Umsetzung STAF, der Systemwechsel beim Bundesfinanzausgleich, die weiterhin hohe Dynamik bei den Staatsbeiträgen, die finanziellen Auswirkungen der Spitalvorlage sowie die erheblichen beschlossenen Investitionen. Hinzu kommen gesamtwirtschaftliche Unsicherheiten und Herausforderungen, die ebenfalls einen Einfluss auf die Entwicklung der Haushaltssituation des Kantons St.Gallen haben werden.
Umso wichtiger ist daher eine robuste Eigenkapitalbasis. Das freie Eigenkapital beträgt per Ende 2020 voraussichtlich 910 Millionen Franken. Auch nach Berücksichtigung der prognostizierten Defizite weist dieses per Ende 2023 noch einen soliden Bestand von 501 Millionen Franken aus. Zur Einhaltung der Vorgaben der Schuldenbremse ist bei ausgewiesenem Bedarf der Bezug von freiem Eigenkapital zu prüfen. Gleichzeitig sind aber auch die ertrags- und aufwandseitigen Herausforderungen zu lösen und die künftige Entwicklung im Auge zu behalten. Gelingt dies nicht, werden entweder Steuererhöhungen oder neue Sparpakete unumgänglich. Die Regierung will beides nicht.
Bericht Langfristige Finanzperspektiven 2019
Nach der erstmaligen Berichterstattung von Ende 2015 veröffentlicht die Regierung mit dem Bericht Langfristige Finanzperspektiven (LFP) 2019 das zweite Mal einen über den Zeithorizont des AFP hinausgehende Informationen zur finanziellen Entwicklung. Der Bericht Langfristige Finanzperspektiven 2019 zeigt einleitend die allgemeine Haushaltsentwicklung des Kantons St.Gallen in den Jahren 2000 bis 2023 auf, wobei die Jahre 2020 bis 2023 auf den aktuellen Planwerten gemäss Budget 2020 und AFP 2021-2023 basieren. Mit einer Langfristprojektion für die Jahre 2023-2029 sowie einer umfassenden Chancen- und Risikoanalyse werden Überlegungen zu Einflussfaktoren und Unsicherheiten bezüglich langfristiger Entwicklung des Kantonshaushalts angestellt.
Langfristprojektion 2023-2029
Die Langfristprojektion 2023-2029 veranschaulicht die Grundproblematik des Kantonshaushalts. Diese besteht darin, dass der Gesamtaufwand ein höheres Wachstum aufweist als der Gesamtertrag. Ab dem Projektionsjahr 2024 ist ein weiteres leichtes Auseinanderdriften zwischen dem Aufwands- und Ertragswachstum zu erwarten. Die Entwicklung auf der Aufwandseite ist vor allem bedingt durch die Fortsetzung des hohen Wachstums bei den Staatsbeiträgen.
Chancen und Risiken beachten
Der Bericht analysiert ergänzend zur Langfristprojektion 2023-2029 Chancen und Risiken der Erfolgsrechnung sowie auch Bilanzrisiken. Bei den Bilanzrisiken wird der Hauptfokus auf die Beteiligungen des Kantons gelegt. Dabei ist aktuell die Umsetzung des Projektes «Weiterentwicklung der Strategie der St.Galler Spitalverbunde: Leistungs- und Strukturentwicklung (Strategievariante «4plus5»)» von grosser Bedeutung. Werden die evaluierten Chancen und Risiken mitberücksichtigt, so ist tendenziell von einer weiteren Saldoverschlechterung im Haushalt auszugehen. Zur langfristigen Sicherstellung des Haushaltsgleichgewichts ist ein vorausschauendes und langfristig orientiertes Handeln unabdingbar.
Abbau aufgestauter Unterhalt weiterführen
Der vorliegende Bericht zeigt auch auf, wie sich der Abbau des aufgestauten Unterhalts im kantonalen Immobilienportfolio seit der erstmaligen Berichterstattung von Ende 2015 entwickelt hat. Zudem wird auf die anstehenden Herausforderungen im Immobilienbereich in den kommenden Jahren sowie die Einhaltung des neugeschaffenen Plafonds Hochbauten eingegangen.
Handlungsempfehlungen formuliert
Im Zentrum der Handlungsempfehlungen der Regierung stehen die Steuerungsmöglichkeiten bei den Staatsbeiträgen sowie den kantonalen Beteiligungen. Die Regierung strebt einen Ausgleich zwischen Aufwand und Ertrag an und erachtet für die Erreichung dieser Zielsetzung weder zusätzliche Sparpakete noch Steuererhöhungen als erstrebenswert. Ausgabenseitige Disziplin und Massnahmen sind in diesem Zusammenhang weiterhin unumgänglich. Daneben werden auch Themenbereiche wie die finanziellen Schnittstellen zwischen dem Kanton und den Gemeinden, die Investitionsplanung, die Entwicklung des Personalaufwands sowie der Ertragsseite diskutiert. Wichtig ist für die Regierung, dass zur Diskussion stehende strukturelle Reformen wie die Weiterentwicklung der Spitalstrukturen oder die Massnahmen des Strukturierten Dialogs (Aufgabenteilung zwischen Gemeinden und Kanton) konsequent umgesetzt werden. Für die kommenden Jahre wird dies eine bedeutende Herausforderung darstellen.
Beratung im Kantonsrat
Die Beratung des AFP 2021-2023 wie auch des Berichts zu den Langfristigen Finanzperspektiven 2019 findet in der Februarsession 2020 des Kantonsrates statt.