Der Projekt-Lenkungsausschuss mit Mitgliedern der Regierung und Vertretern der Verwaltung sowie der Universität St.Gallen (HSG) hat einen ersten Entwurf zu den grundlegenden Fragen der zukünftigen Gesetzesgrundlage der HSG verabschiedet. Er gibt den Bericht nun in die interne Vernehmlassung bei verschiedenen Gremien und der Verwaltung der HSG. Mit der Gesetzesrevision wollen die Regierung und die Universität den Erfolg der HSG als breit aufgestellte Wirtschaftsuniversität mit internationaler Reputation langfristig sicherstellen.
Im Rahmen der Gesamtrevision des Universitätsgesetzes will die Regierung die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten innerhalb der HSG und anderer Gremien entflechten und präzisieren. Gleichzeitig sollen die Rahmenbedingungen für die Institute und die Anstellungsmodalitäten der Professuren geklärt werden. Diese Anpassungen erhöhen die Transparenz. Den entsprechenden Projektauftrag hatte die Regierung am 12. Februar 2019 verabschiedet.
Der Lenkungsausschuss unter der Führung von Regierungsrat Stefan Kölliker, Vorsteher des Bildungsdepartements, hat im internen Vernehmlassungsbericht nun die Schlüsselfragen aufgeführt und erste Lösungsskizzen präsentiert. Diese sind:
Universitätsrat
Der Universitätsrat ist das oberste strategische Organ der HSG. Der Rat übt unmittelbar die Aufsicht über das Rektorat und mittelbar die Aufsicht über die weiteren Organe der Universität aus. Der Universitätsrat soll sich neu nur noch aus sieben bis neun Mitgliedern zusammensetzen, die grundsätzlich nach fachlichen Kriterien gewählt werden. Die Mitglieder des Universitätsrates sollen keine Partei vertreten und der Vorsteher oder die Vorsteherin des zuständigen Departementes soll nicht zwingend den Universitätsrat präsidieren respektive in ihm vertreten sein. Neu soll die Regierung den Universitätsrat wählen und der Kantonsrat die Wahl genehmigen.
Rektorat
Der Lenkungsausschuss will das Rektorat und die Stellung der Rektorin oder des Rektors aufwerten. In Zukunft soll die Stelle international ausgeschrieben werden. Eine Professur an der HSG soll keine Voraussetzung mehr sein, womit auch externe Bewerbungen von erstklassigen Führungspersönlichkeiten ohne universitätsinterne Karriere berücksichtigt werden können. Die Wahl soll neu auf vier Jahre ausgelegt sein, nicht mehr nur auf zwei. Dem Rektorat soll neu die Aufsicht über die verschiedenen Organe der Universität, unter Einschluss der Institute, zukommen.
Senat und Senatsausschuss
Der Senat als oberstes akademisches Organ soll als Voll-Senat erhalten bleiben und der Senatsausschuss in seiner Rolle als erweiterte Universitätsleitung gestärkt werden. Der Mittelbau und die Studentenschaft sollen im Senat und der erweiterten Universitätsleitung eine zahlenmässig grössere Vertretung und damit mehr Gewicht erhalten. Diskutiert wird, ob der Senat ein eigenes Präsidium erhalten soll, das den Vorsitz durch die Rektorin oder den Rektor ablösen würde.
Institute und Weiterbildung
Der Lenkungsausschuss will die Institute in ihrer Rolle als institutionelle Entfaltungsräume für den unternehmerischen Geist der HSG erhalten und stärken, da sie von grosser Bedeutung für den Praxisbezug der HSG sind. Die Aufsicht über die Institute soll mit der Gesetzesrevision hingegen gestärkt werden. Für die Kontrolltätigkeit soll primär das Rektorat mit einem eigenen Prorektorat zuständig sein, wodurch der Universitätsrat entlastet wird.
Die Buchhaltung für die Institute soll in Zukunft zentral geführt werden, wobei bei grösseren Instituten eine eigenständige Buchhaltungslösung unter klaren Rahmenbedingungen weiterhin sinnvoll erscheint. Ein internes Revisionsorgan würde die Jahresrechnungen der Institute prüfen. Subsidiär bleibt die kantonale Finanzkontrolle zuständig.
Der Lenkungsausschuss ist zudem der Auffassung, dass die Stellung und Rolle der HSG als national und international führende Weiterbildungsanbieterin zu stärken sind. Er erwartet deshalb von der Universität eine Überprüfung und Weiterentwicklung der bisherigen Weiterbildungsstrategie, welche dann insbesondere auch Grundlage bildet für die organisatorische Ausgestaltung der Executive School und der Weiterbildung insgesamt. Die Executive School soll den Fokus vermehrt auf die Weiterbildung im Sinne des lebenslangen Lernens mit Angeboten auf höchster internationaler Ebene abdecken. Im Rahmen der Gesetzesrevision soll ein Konzept für diese Neupositionierung entwickelt werden.
Noch offen bleibt, welche Rechtsform die Executive School in Zukunft haben soll. Geprüft wird, ob anstelle der heutigen Regelung eine öffentlich-rechtliche Stiftung geschaffen werden soll.
Professuren
Der Lenkungsausschuss hat das Gehaltssystem der Professorinnen und Professoren überprüft und einen Vergleich mit anderen Schweizer Universitäten angestellt. Bezieht man die Möglichkeit von Zusatzeinkommen insbesondere den Institutsviertel und mögliche Nebeneinkünfte mit ein, hat die HSG im Vergleich zu anderen führenden Universitäten ein wettbewerbsfähiges Entschädigungssystem. Der Lenkungsausschuss spricht sich in diesem Sinn dafür aus, dass Professorinnen und Professoren im Rahmen der sogenannten 1-Tagesregel weiterhin Nebentätigkeiten ausführen und auf diese Weise ohne Kosten für den Trägerkanton St.Gallen zusätzliche Einkünfte erzielen können. Ein neues Reglement zu den Nebentätigkeiten der Dozentinnen und Dozenten ist vom Universitätsrat bereits erlassen worden. Die Einhaltung der 1-Tagesregel soll künftig jedoch klarer überprüft und die Nebentätigkeiten transparent kommuniziert werden.
Mittelbau
Der heterogene Mittelbau soll neu strukturiert werden. Doktorierende sollen wählen können, ob sie der Studentenschaft oder dem Mittelbau angehören wollen. Die Mitglieder des Mittelbaus sollen zwei Gruppen zugewiesen werden, einer so genannten «non-tenured faculty» (temporäre Anstellung) einerseits und einer «tenured faculty» (fixe, durch die Wissenschaftsfreiheit geschützte Anstellung) anderseits. Der Erstgenannten werden Assistenzprofessuren ohne «tenure track» zugewiesen, ebenso Förderungsprofessuren und Nachwuchsdozierende (Post Docs) sowie übrige Dozierende mit Lehrauftrag unter Einschluss der Titularprofessuren und Privatdozenturen. Demgegenüber bilden die Ordinariate sowie die assozierten Professuren und Assistenzprofessuren mit «tenure track» die «tenured faculty». Gleichzeitig sollen der Mittelbau und die Studentenschaft im Senat und im Senatsausschuss eine zahlenmässig grössere Vertretung und damit mehr Gewicht erhalten.
Rechnungsüberschüsse
Der Lenkungsausschuss möchte eine klarere Regelung im Umgang mit Rechnungsüberschüssen und Fehlbeträgen. Grössere überschüssige Mittel sollen in den Forschungskreislauf zurückgeführt oder dem Kanton St.Gallen abgeliefert werden müssen.
Immobilien
Im Immobilienbereich soll festgehalten werden, dass der Trägerkanton Eigentümer der Universitätsbauten bleibt. Neubauten werden ebenfalls vom Kanton realisiert. Hingegen soll die HSG die Schenkung von Immobilien annehmen können. Eigentum soll auch die Universitätsstiftung erwerben können.
Weiteres Vorgehen
Zur internen Vernehmlassung eingeladen sind der Universitätsrat, das Rektorat, der Senat, der Senatsausschuss, die Verwaltung der Universität, die Institutsleiterkonferenz, der Mittelbau, die Studentenschaft, das Studentenparlament sowie die Alumni-Organisation. Im Anschluss werden die Rückmeldungen im Lenkungsausschuss unter der Führung von Regierungsrat Stefan Kölliker diskutiert und verarbeitet. Danach folgt die Diskussion zu den Grundzügen der Revision in der Gesamtregierung.
Revision Gesetz über die Universität St.Gallen
Die Regierung hatte am 19. Februar 2019 den Projektauftrag zur Totalrevision des Gesetzes über die Universität St.Gallen verabschiedet. Damit gab sie den Startschuss für eine umfassende Überarbeitung der aus dem Jahr 1988 stammenden gesetzlichen Grundlage der Universität St.Gallen. Das Projekt wird durch einen Lenkungsausschuss geführt. Diesen präsidiert Regierungsrat Stefan Kölliker, Vorsteher des Bildungsdepartementes. Weiter Mitglieder sind: Regierungsrat Benedikt Würth (Vorsteher des Finanzdepartementes), Rolf Bereuter (Leiter Amt für Hochschulen), Stefan Kuhn (Mitglied des Universitätsrates), Thomas Bieger respektive Bernhard Ehrenzeller (Rektoren der Universität) und Torsten Tomczak (Mitglied des Senats). Das neue Universitätsgesetz soll auf das Jahr 2023 in Vollzug treten.